Phänomene, Interpreten, Leitideen − die Begrifflichkeiten der Heritage Interpretation mögen zunächst ungewohnt sein. Lernen Sie die zentralen Elemente kennen und anwenden.
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Vier wesentliche Aspekte sind Basis einer gelungenen Begegnung mit Natur- und Kulturerbe. Thorsten Ludwig, ein Vorreiter der Heritage Interpretation-Bewegung in Deutschland, hat dazu das folgende Bild des Interpretationsdreiecks entwickelt.
Interpretationsdreieck nach Ludwig (2015) (Bild: eigene Darstellung)
Der Gegenstand der Interpretation wird Phänomen genannt. Dies kann aus Natur und Kunst stammen oder auch ein immaterielles Erbe sein, wie zum Beispiel eine Tradition.
Interpret oder Interpretin ist der Guide, der Trainer oder die Trainerin, der oder die Lehrende.
Teilnehmende sind Besucher und Besucherinnen, Touristen und Touristinnen, Anwohner und Anwohnerinnen, Lernende.
Die Leitidee steht für eine Bedeutung, die jenseits von Fakten mit dem Phänomen verbunden werden kann. Sie sollte einen Bezug zur Lebenswelt der Teilnehmenden haben. Bedeutungen können individuell sein oder unabhängig von sozialen und kulturellen Unterschieden für fast alle Menschen gelten. Dann spricht die Heritage Interpretation von Universalien. Die Leitidee bildet den roten Faden für die Führung.
Diese vier Aspekte spielen in der Interpretation zusammen:
Sie ermöglicht Erfahrungen anhand der (wahrnehmbaren) Phänomene.
Sie entwickelt eine Leitidee für die Erschließung einer tieferen Bedeutung.
Sie vermittelt in der Haltung des Interpreten bzw. der Interpretin Bewusstsein für Natur- und Kulturerbe.
Sie verursacht in den Teilnehmenden Resonanz.
Die Freiburger Akademie für Universitäre Weiterbildung (FRAUW), eine Einrichtung der Universität Freiburg, schult Interessierte zum Certified Interpretive Guide. Sie betont, dass Heritage Interpretation ein werteorientiertes Bildungskonzept sei: Interpretation unterstütze die Teilnehmenden dabei, "das Erlebte in Sinnzusammenhänge einzuordnen und sich tiefere, persönlich relevante Bedeutungsschichten zu erschließen. Gute Interpretation regt auch dazu an, Natur- und Kulturphänomene aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und Klischees zu hinterfragen."
In den Guidelines der Organisation europäischer Heritage Interpreters Interpret Europe wird ein weiteres Element gelingender Interpretation genannt: Es geht nicht alleine um die Weitergabe von Information, sondern um das Aufdecken neuer Erkenntnisse und um die Provokation neuer Denkweisen und Fragestellungen. Heritage Interpretation bedient sich zu diesem Zweck des Storytellings und erzählt die Geschichten, die mit dem Erbe verbunden sind.
Ziel der Interpretation
"Im Vergleich mit anderen Konzepten des Lernens aus unmittelbarer Erfahrung ist das hervorstechende Merkmal der Natur- und Kulturinterpretation, dass sie die Besucher aktiv ermutigt, ihre Erlebnisse zu interpretieren, d. h. nach tieferen Bedeutungen und Sinnzusammenhängen hinter den Fakten zu suchen", schreibt der Heritage Interpretation-Experte Patrick Lehnes. Die unmittelbare Begegnung mit dem Phänomen ist hierfür unabdingbare Voraussetzung und kann nicht ersetzt werden durch Abbildungen oder ähnliches. Das konkrete Phänomen ist Ausgangspunkt für die Interpretation und die Erfahrungen aus erster Hand mit dem Phänomen müssen gewährleistet sein. Durch die Interpretation wird das Phänomen mit der Persönlichkeit der Besucher und Besucherinnen verbunden.
Beispiele für den Unterschied zwischen Thema und Leitidee. (InHerit, S. 6)
Die Leitidee
Die Leitidee ist nicht mit dem Thema der Präsentation gleichzusetzen: Die Leitidee nimmt eine tiefere Bedeutung in den Blick, das Thema befindet sich dagegen auf der Sachebene.
Für die Vermittlung tieferliegender Bedeutungen ist die Entwicklung der Leitidee zentral, wie es auch im Interpretationsdreieck dargestellt ist. Die Leitidee gibt dem Phänomen jenseits der Fakten eine Bedeutung. Möglichst sollte sie einen Bezug zur Lebenswelt der Teilnehmenden haben. Eine Leitidee kann individuell sein oder auch für fast alle Menschen unabhängig von sozialen und kulturellen Unterschieden gelten. Dann spricht die Heritage Interpretation von Universalien.
Das Konzept der Leitidee ermöglicht es vor diesem Hintergrund, informelle Lernangebote für die Vermittlung von Werten zu nutzen.
Hinweis zu weiteren Lernpfaden
Wertevermittlung und das damit verbundene ethische Lernen können helfen, der eigenen Identität bewusst zu werden, sich selbst in einer Gemeinschaft zu verorten oder sich in Konflikten konstruktiv zu begegnen. In Verbindung mit der europäischen Perspektive wird die Dimension des eigenen Wertekonzepts deutlich und damit verbundene Möglichkeiten und Pflichten erkennbar. Ein weiterer DELPHI-Lernpfad gibt unter der Überschrift "Wie können europäische Werte in den Kurs eingebunden und vermittelt werden" eine Anleitung zum Umgang mit Werten im Rahmen der Kursarbeit. Dabei werden sowohl implizite als auch explizite Gelegenheiten zur Wertereflexion betrachtet, die für alle Lernenden zu einem nachhaltigen Lernerlebnis führen können.
Schwieriges Erbe interpretieren
Monumente und Erbe aus der Vergangenheit können auch konfliktbeladen sein, wie zum Beispiel Relikte aus der Zeit des Nationalsozialismus. Eine Interpretation muss hier besonders sensibel geplant und umgesetzt werden. Wichtig ist eine Orientierung an europäischen oder universellen Werten, damit die Interpretation nicht missverstanden oder gar missbraucht werden kann.
Lehnes, P. (2016). It‘s philosophy, Tim, but we love the world. Lehnes & Carter: Digging Deeper: Exploring the Roots of Heritage Interpretation. Verfügbar unter: http://www.interpretingheritage.eu
Ludwig, T. (2015). Führungsdidaktik − Mit Gästen draußen unterwegs (5. Aufl.). Werleshausen: Bildungswerk interpretation. Verfügbar unter: http://www.interp.de/dokumente/fuehrungsdidaktik_4.pdf (zuletzt abgerufen am 20.12.2020)
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Lesen Sie den folgenden Text aus einer Broschüre zur Aus- und Weiterbildung in der Natur- und Kulturinterpretation und überlegen Sie, welche Aussagen für Sie Elemente einer pädagogischen Tätigkeit darstellen.
„Natur- und Kulturinterpretation ist die Kunst, eine Brücke zu schlagen zwischen den Sehenswürdigkeiten des Kultur- und Naturerbes einerseits und den Bedeutungen und den Werten, die Besuchern wichtig sind, andererseits. Sie schafft kognitive und emotionale Verbindungen zwischen Besuchern und dem, was es in der Natur, an einem historischen Ort oder in einem Museum zu entdecken gibt. Dabei geht Interpretation über die bloße Vermittlung von Faktenwissen hinaus. Anhand unmittelbarer Erfahrungen enthüllt Interpretation tiefere Bedeutungen, Beziehungen und Einblicke mit Hilfe unterschiedlicher, strukturierter Vermittlungsmethoden.“
InHerit. Broschüre Aus- und Weiterbildung in der Natur- und Kulturinterpretation (Heritage Interpretation)
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