Bei einem Lehr-Lern-Vertrag handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen Lehrkraft und Kursgruppe, in der sie gemeinsam festlegen, welche Qualifikationsziele/Lernziele sie mit der Veranstaltung auf welchem Wege erreichen möchten. Gleichzeitig hält die Vereinbarung auch fest, wie sich der Veranstaltungsrahmen gestalten soll. Einen Lehr-Lern-Vertrag können Sie sowohl zu Beginn einer Lehrveranstaltung als auch ergänzend während einzelner Lehr-Lern-Einheiten einsetzen – zum Beispiel, um fachliche Zwischenschritte zu fixieren.
Den Lehr-Lern-Vertrag müssen Sie nicht zwangsläufig schriftlich festhalten. Ein Vorteil der Verschriftlichung, insbesondere im Hinblick auf die Lernziele ist aber, dass Sie im Verlauf des Seminars die Möglichkeit haben, auf die gemeinsam gesteckten Ziele Rückbezug zu nehmen. Hierfür kann ein Flipchart ausreichen. Sie können die Vereinbarung den Teilnehmenden aber auch als Handout zukommen lassen oder über eine Lernplattform zur Verfügung stellen. Alternativ kann ein Kursmitglied die schriftliche Zusammenfassung in Form eines Protokolls erstellen. Auch individuelle Vereinbarungen, die von den Teilnehmenden unterzeichnet werden, sind möglich. Häufig reicht es aber aus, den „Vertrag“ mündlich im Plenum zu vereinbaren.
Die drei wichtigsten Punkte im Lehr-Lern-Vertrag
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Wann und wie macht er Sinn?
Zu Beginn einer Veranstaltung dient der Lehr-Lern-Vertrag der Kursleitung als Mittel, die Lehrveranstaltung insgesamt mit ihren Inhalten sowie den Lehrzielen, curricularen Vorgaben, Qualifikationszielen, aber auch Sozial- und Methodenkompetenzen vorzustellen:
Was müssen die Teilnehmenden am Ende der Veranstaltung wissen und können und wie werden diese Kompetenzen erarbeitet, adäquat geprüft und bewertet?
Im Verlauf der Weiterbildung ermöglicht es der Lehr-Lern-Vertrag, Zwischenziele zu benennen, das Gesamtziel der Veranstaltung in Erinnerung zu rufen - oder auch mit der Gruppe festzustellen, an welcher Stelle im Lernprozess sie sich gerade befindet.
Ein weiteres Ziel eines Lehr-Lern-Vertrags ist es, durch das „Commitment“, also die Selbstverpflichtung der Teilnehmenden, und die Festlegung formaler Aspekte, Störungen im Kurs bestmöglich zu vermeiden, damit eine Konzentration auf die inhaltliche Arbeit möglich wird.
Der Nutzen einer solchen Vereinbarung besteht also darin, dass sie der Veranstaltung eine Struktur gibt, die den Einstieg in den Lernprozess für alle erleichtern soll. Mit dem Lehr-Lern-Vertrag fördern Lehrpersonen bei den Kursmitgliedern das Grundverständnis für fachliche Aspekte/Schwerpunkte und legen die methodische Grundlage für die gemeinsame Zusammenarbeit im Kurs.
Wenn Sie Ihre Lernenden also aktiv in die Festlegung von Gruppenzielen einbeziehen, dann sorgen Sie darüber hinaus dafür, dass diese sich ernst genommen fühlen. Sie fordern deren eigenverantwortliche Mitarbeit, Leistungsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit und gehen im Gegenzug auf die Erwartungen im Kurs ein - eine gute Voraussetzung, dass Ihre Lehrveranstaltung auch gelingt.
Interview mit einer Expertin
Dies unterstreicht auch Prof. Dr. Carolin Sutter von der Fakultät für Sozial- und Rechtswissenschaft der Hochschule Heidelberg, die auf umfangreiche Erfahrung mit dem Lehr-Lern-Vertrag zurückgreifen kann. Im folgenden Video (Dauer: 5'37) erläutert sie, wie ein Lehr-Lern-Vertrag dazu beitragen kann, eine Veranstaltungskultur zu etablieren und die Selbstverantwortung der Studierenden zu fördern.
Nach Ansicht von Frau Prof. Sutter liegen die wichtigsten Vorzüge des Lehr-Lern-Vertrags also im Potential, die Kommunikations- und Debattierfähigkeit von Studierenden und außerdem die Übernahme von Verantwortung durch Studierende zu fördern, denn „die Studierenden pochen sehr genau nach Abschluss des Lehr-Lern-Vertrags auf die Stringenz des Veranstaltungsinhalts und achten sehr genau […] auf die Einhaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen.“ Zwei Aspekte seien dabei wichtig: „Es geht einmal darum, mit den Studierenden zu besprechen, was sie am Ende der Veranstaltung wissen und können müssen, wie diese Kompetenzen gemeinsam erarbeitet werden und es geht darum, offen zu legen, wie anschließend adäquat geprüft wird und welche Bewertungskriterien zugrunde gelegt werden. Der zweite Aspekt ist aber auch ein ganz wesentlicher: es geht um den Rahmen. Und der Rahmen beinhaltet letztendlich die Kommunikationsstruktur. Es geht aber auch darum, wie man miteinander umgeht. Denn das Umgehen miteinander ist eigentlich auch ein wesentlicher Punkt, der zum Gelingen einer Lehrveranstaltung beiträgt […] es geht letztendlich um das Thema Veranstaltungskultur."
Auch wenn sich die oben genannten Ausführungen sowie die Aussagen im Video in erster Linie auf den Hochschulkontext beziehen, so lassen sich die wesentlichen Punkte und die genannten Vorzüge ohne Weiteres auch auf andere Lehr-Lernbereiche mit erwachsenen Kursgruppen übertragen.