Im Folgenden berichten zwei Lehrende, wie sie Lernbegleitung in ihren Weiterbildungen umsetzen.

Gabi Lindner, Bewerbungstainerin und Jobcoachin, berichtet aus ihrer Praxis:

Meine Kurse und Weiterbildungen auch online anzubieten, stellt mich vor ganz neue Herausforderungen: Ich muss die ganze Zeit verschiedene Aufgaben zur selben Zeit übernehmen und den Überblick behalten, wobei online ein starker Fokus auf der Technik liegt. Klappt die Technik bei mir? Kommen die Teilnehmenden mit der Technik klar?

Gewinnt man jedoch praktische Erfahrung in diesen Formaten, verstehen sich manche Aspekte irgendwann von selbst. Mein Anspruch ist zum Beispiel, dass die Lernenden sich in meinen Kursen wohl fühlen. Das bedeutet, dass ich mich bemühe, ihnen gerade zu Beginn genügend Orientierung zu bieten und für Klarheit zu sorgen. Synchrone Kurse in virtuellen Lernumgebungen bieten natürlich den Vorteil, dass ich als Lehrperson direkt mit der Lerngruppe über Videokonferenz kommunizieren und Fragen beantworten und auch den direkten Austausch in der Lerngruppe fördern kann. Besonders schwierig für mich war es hierbei jedoch anfangs zu verstehen, dass es an der einen oder anderen Stelle mehr Erklärungen und Informationen bedarf, als ich es von klassischen Seminaren kenne, vor allem, was den Umgang mit den einzusetzenden Tools und Medien betrifft. Mir ist mit der Zeit auch klar geworden, wie wichtig es ist, vorab Verhaltensregeln zu vereinbaren. Wenn Lernende in einem konventionellen Kursraum ankommen, kennen sie meist bereits die Regeln der Kommunikation aus dem schulischen Kontext und wissen, wie man sich in einem Weiterbildungskurs verhält. In Online-Kursen ist es jedoch etwas anders. Besonders wichtig ist es mir daher, die Teilnehmenden zu ermutigen, sich zu beteiligen, dass sie sich die Freiheit nehmen, zu sagen, wenn sie nicht mitkommen, ihre Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, und dass sie von Anfang an verstehen, dass sie selbst auch in einem Online-Kurs viel beitragen können.

Kai Neumann, Online-Weiterbildner für Angewandte Ernährungslehre:

Ich unterrichte seit drei Jahren bei einem Weiterbildungsanbieter Online-Kurse in Angewandter Ernährungslehre. Hierbei handelt es sich um einzelne Kursmodule, die in beliebiger Reihenfolge bearbeitet werden können, so dass die Teilnehmenden individuell starten und die Inhalte bearbeiten können. Die Lernmaterialien wurden von dem Weiterbildungsanbieter erarbeitet und im Learning Management System hinterlegt.

Meine Aufgabe besteht darin, die Lernenden in ihrem individuellen Lernprozess zu begleiten, ihnen Feedback zu den eingereichten Aufgaben zu geben und für inhaltliche Fragen zur Verfügung zu stehen. Informationen zu technischen und administrativen Fragen erhalten sie vorab von dem Weiterbildungsanbieter, wobei ich bei Bedarf auch für solche Fragen zur Verfügung stehe.

Die Teilnehmenden lernen in diesen Kursen unabhängig von einer Lerngruppe. Dies bietet ihnen den Vorteil, dass sie in ihrem eigenen Tempo, zeitlich und örtlich komplett flexibel arbeiten können. Doch kann es für manche auch schwierig sein, sich auf diese Weise zum Lernen zu motivieren und den Kurs zu absolvieren. Daher lege ich besonderen Wert darauf, ihnen trotz der digitalen Distanz Präsenz zu vermitteln. Zum Beispiel begrüße ich sie zu Beginn mit einer E-Mail, in der ich mich ihnen kurz vorstelle und ihnen meine Rolle erkläre. Auch sende ich Ihnen zum Start eines neuen Moduls eine Nachricht, in der ich ihnen ankündige, was in diesem Modul ansteht und welche Aufgaben zu erledigen sind. Das Einsenden der Aufgaben durch die Lernenden und mein Feedback dazu erfolgt ebenfalls per E-Mail, wodurch wir im ständigen Kontakt und Austausch sind. Darüber hinaus haben die Lernenden die Möglichkeit, an Tutorien via Videokonferenz teilzunehmen, die sie nutzen können, um Fragen zu Lerninhalten ausführlicher zu besprechen und auf konkrete Probleme einzugehen.

 Rollensegmente und Handlungsfelder der Lernbegleitung

Lernende in digitalen Lernkontexten anzuleiten und zu begleiten ist eine vielschichtige Aufgabe. Sie erfordert ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten sowie ein Repertoire an Methoden und Techniken zur Gestaltung von Lernprozessen. Diese zielen nicht nur darauf ab, anregende Lernumgebungen zu schaffen,  sinnvolle Lerninhalte und Aufgaben zu gestalten, sondern auch das Lernen in seinem individuellen Verlauf spontan beratend zu unterstützen.

Dabei steht nicht die Wissensvermittlung, sondern vielmehr die Abstimmung von Lernzielen, die Auswahl von Inhalten, die Vorstrukturierung und Begleitung des Lernprozesses sowie dessen Auswertung im Mittelpunkt der Aufgaben und Zuständigkeiten von Lehrenden.

 Welche Aufgaben die Lernbegleitung in virtuellen Bildungskontexten übernimmt, ist in der Literatur nicht einheitlich definiert. Auch gibt es keine einheitliche Bezeichnung. Es werden viele verschiedenen Bezeichnungen und Zuordnungen von Tätigkeiten diskutiert und verwendet (Busch/Mayer 2002, 60; Katzlinger 2011; Rautenstrauch 2001, zitiert von Arnold et. al, 2018, S. 263):

 

Das Bild zeigt ein Headset und verschiedenen Bezeichnungen für die Lernbegleitung: E-Trainer, Kursentwickler, E-Manager, Online-Tutor etc.

Bezeichnungen für die Lernbegleitung, Bild: Eigene Darstellung

 

Die Lernbegleitung lässt sich in jedem Fall von der Moderation abgrenzen. Während sich die Lernbegleitung darauf konzentriert, die Voraussetzungen zu schaffen, damit alle Teilnehmenden lernen können, setzt die Moderation den Schwerpunkt auf das “Classroom-management”, d. h. auf die Gruppen- oder Kursführung, und fokussiert sich auf das Strukturieren und Arrangieren von Lerngelegenheiten.

 Lernbegleitende können auch beschrieben werden als Online-Unterstützende für die Entwicklung und Bereitstellung der Medien, Einrichtung und Administration der Kurse, Vermittlung der Lerninhalte, Planung und Moderation der Lernprozesse, Betreuung der Lernenden und die technische Unterstützung. Auch, was die Rahmenbedingungen, Lernszenarien und Aufgaben (Graf 2003, S. 13; Kiedrowski 2001, S. 2,  zitiert von Arnold, 2018, S. 263) der digitalen Lernbegleitung betrifft, gibt es noch keine festen Rollen- und Tätigkeitserwartungen, wie dies bei anderen Bezeichnungen wie Lehrende bzw. Lehrender in herkömmlichen Lehrsituationen der Fall ist (Arnold et. al, 2018, S. 263) Hierbei ist Teletutor bzw. -tutorin in der (deutschen) Fachliteratur die gebräuchlichste Bezeichnung für die persönliche Lernbegleitung (ebd. S. 263).

 Anders als man vielleicht denken würde, müssen Lernbegleitende durchaus aktiv sein, aber in vielen unterschiedlichen Funktionen. Es gibt nicht DEN oder DIE Begleiter oder Begleiterin. Die folgenden Karte stellen die unterschiedlichen Rollen vor, die Lehrende im Verlauf der Lernbegleitung in virtuellen Bildungsangeboten einnehmen können und zeigen, welche Handlungsfelder sich daraus ergeben. Wenden Sie die Karten, um die Rückseite zu sehen.

 

Handlungsfelder von Lernbegleiterinnen und -begleitern (vgl. Perkhofer-Czapek, 2016, S. 81-82). An die Lernbegleitung in digitalen Lernumgebungen angepassst

 

Dabei gilt es zu beachten, dass sich die  Aufgaben von Lernbegleitenden in digitalen Lernangeboten je nach konkretem Lehr-Lernformat und Setting unterschiedlich gestalten. Zentrale, in verschiedenen Formaten und Settings relevante Aufgaben lassen sich an den klassischen Phasen der Kursgestaltung festmachen:

  • Sie bestehen in der  vorbereitenden Phase in der Einweisung im Umgang mit dem digitalen Lernangebot sowie dem Einstellen von Lerninhalten und weiterführenden Materialien.
  • Während des Lernprozesses selbst, steht die Lernbegleiterin bzw. der Lernbegleiter für technische und inhaltliche Fragen zur Verfügung, hilft, Verständnisprobleme zu klären und fördert die Selbstlernkompetenzen der Lernenden. Darüber hinaus wählt sie oder er passende Kommunikationskanäle aus und regt über diese die Kommunikation und den Austausch in der Lerngruppe an.

Referenzen

Aichinger, Susanne, & Kieberl, Marie Lene (2022). Der Webinar-Didaktik-Wegweiser. Ihr Hilfspaket für synchrone Lehre und Unterricht! NCoC Virtuelle PH. Verfügbar unter https://www.virtuelle-ph.at/wp-content/uploads/2022/02/Webinardidaktik-Wegweiser.pdf (zuletzt abgerufen am 29.03.2022) CC BY-NC 3.0 AT. Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Österreich Lizenz https://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/at/

Arnold, Patricia, Kilian, Lars, Thillosen, Anne & Zimmer, Gerhard (2018). Handbuch E-Learning. 5. Auflage, Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag GmbH.

Bett, Katja & Gaiser, Birgit (2010). E-Moderation. E-teaching.org. Verfügbar über https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/vorlesung/diskussion/e-moderation.pdf. (zuletzt abgerufen am…)

Boos, Margarete, Müller, Andrea & Cornelius, Caroline (2009). Online-Moderation und Tele-Tutoring. Medienkompetenz für Lehrende. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH.

Busch, Frank, & Mayer, Thomas B. (2002). Der Online-Coach. Wie Trainer virtuelles Lernen optimal fördern können. Weinheim, Basel: Beltz (Beltz-Weiterbildung).

Graf, Joachim (2003).  Trainer entdecken das e-Learning. Train the e-Trainer. In: Manager-Seminare, H. 68, S. 8-15.

Hoffmann, Friederike (2018). E-Moderation in der Online-Lehre. Didaktikblog Hohenheim. Impulse zu Hochschule und Lehrentwicklung. Verfügbar über https://didaktikblog.uni-hohenheim.de/2017/04/moderation-in-online-lernumgebungen/ (Stand: Ende 2018)

Hron, Aemilian, Hesse, Friedrich W. & Friedrich, Helmut F. (2002). Gemeinsam lernt es sich besser.  Kooperatives Lernen und kognitive Prozesse in netzbasierten Szenarien.  In: Scheffer, Ute & Hesse, Friedrich W. (Hrsg.), E-Learning. Die Revolution des Lernens gewinnbringend einsetzen (S. 83-100). Stuttgart: Klett-Cotta.

Katzlinger, Elisabeth (2011). Online-Tutoring. In: Klimsa, Paul & Issing, Ludwig J. (Hg.), Online-Lernen. Handbuch für Wissenschaft und Praxis. München: Oldenbourg (2., verbesserte u. ergänzte Aufl.), S. 243-154.

Kiedrowski, Joachim von (2001). Qualifizierungsmaßnahmen für Teletutoren - bedarfsorientierte Planung und Auswahl. In: Hohenstein, Andreas & Wilbers, Karl (Hg.), Handbuch E-Learning. Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis. Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst (Loseblattsammlung, Grundwerk 2001), Beitrag 6.1, S. 1-18.

Perkhofer-Czapek, M. (2016). Lernbegleiter/in und Lernbegleitung. In M. Perkhofer-Czapek & R. Potzmann (Hrsg.) (2016), Begleiten, Beraten und Coachen. Der Lehrberuf im Wandel. (1. Auflage, S. 61-97). Wiesbaden: Springer.

Rautenstrauch, Christina (2001). Tele-Tutoren. Qualifizierungsmerkmale einer neu entstehenden Profession. Bielefeld: W. Bertelsmann (Wissen und Bildung im Internet, Bd. 1).

Schöb, S. & Bliss, C. (2020). Rolle der Lehrenden – Wie Lernbegleitende sich verhalten sollten. In: Lernbegleitung umsetzen – Handlungsgrundlagen für Lehrende. EULE Lernpfad. Verfügbar unter: https://www.wb-web.de/lernen/lernpfade/unnamed.html