Die Motivation während des Online-Kurses erheben – drei Lehrende berichten von ihren Erfahrungen

Rückmeldung beim Online-Lernen

Feedback zur Motivation, Bild: iStock.com, Prostock-Studio, 

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Sara Lang und Markus Beich schulen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unterschiedlichen Softwarekomponenten. Da die Teilnehmenden oft in unterschiedlichen Unternehmensstandorten verteilt sind, finden die meisten Schulungen online statt:  

Da wir nicht auf einen Blick sehen können, wie es den Teilnehmenden geht, nutzen wir immer mal wieder die Möglichkeit, in den Videokonferenztools Reaktionen zu senden. Mit Emojis sollen uns die Teilnehmenden die aktuelle Stimmung mitteilen (z. B. zufrieden, müde, demotiviert,…). Je nach Reaktionen machen wir eine kurze Pause, fahren fort oder schauen, wo gerade Schwierigkeiten liegen und gehen darauf ein.“ 

Online-Befragung

Online-Befragung, Bild: iStock.com, anyaberkut, nicht unter freier Lizenz 

Julia Frankfurter gibt Online-Workshops für Selbständige und Führungskräfte. Sie berichtet, wie sie sich Feedback von ihren Teilnehmenden einholt:  

Bei meinen Online-Workshops, die über ein ganzes Wochenende oder sogar mehrere Wochen gehen, bitte ich meine Teilnehmenden etwa in der Mitte, manchmal auch zweimal während der Kurszeit, eine kurze Online-Befragung auszufüllen. Meist habe ich zwei geschlossene Fragen, bei denen die Teilnehmenden einschätzen sollen, ob die Aussage auf sie zutrifft (Der Workshop beinhaltet genau die Themen, die für mich relevant sind., Die Anforderungen und Methoden finde ich passend.) und noch eine offene Frage, wo jeder die Möglichkeit hat, mir ein Feedback zu geben. Ich erhalte dadurch eine gute Rückmeldung dazu, ob meine Planung für die Teilnehmenden passend ist und ob alle motiviert dabei sind. Für die Teilnehmenden sind es nur ein paar Minuten, die sie zusätzlich investieren, und viele finden es sehr gut, dass ich ein Feedback haben möchte.“ 

Auswertung Online-Kurse

Auswertung von Online-Kursen, Bild: iStock.com, HAKINMHAN, 

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Jens Maur hat mehrere Selbstlernkurse, die er online zur Verfügung stellt. Er möchte bei neuen Kursen wissen, wie diese bei Teilnehmenden ankommen, prüft aber auch bei älteren Kursen, ob diese noch aktuell genug sind oder ob Handlungsbedarf besteht.  

Motivierte Lernende zeigen sich durch bessere Ergebnisse und schnellere Fortschritte. Bereits einfache Learning Analytic Tools helfen mir dabei, diese Kennzahlen zu ermitteln. Einen guten Kurs erkenne ich auch daran, dass die Absprungrate sehr gering und die Lernzeit hoch ist. Mir ist klar, dass ich die Zahlen immer in Relation sehen muss und hin und wieder bin ich auch darauf angewiesen, dass mir die Teilnehmenden ein direktes Feedback schreiben. Aber die reinen Zahlen kann ich mittlerweile auch ganz gut deuten.“ 

Flow-Erleben beim Online-Lernen

Die Flow-Theorie

Am besten und motiviertesten lernen Menschen im Flow-Zustand. Dieser ist gegeben, „wenn Menschen voll in ihrer Aufgabe oder dem Lernfluss aufgehen, Raum und Zeit vergessen und sich nur noch um die Tätigkeit kümmern“ (Becker). Die Flow-Theorie der Motivation (Csikszentmihalyi, 1975) beschäftigt sich mit der Frage, „wie wir genau zu diesem Erlebniszustand kommen, bei dem wir in unserer Arbeit oder einer anderen Tätigkeit aufgehen und alles um uns herum vergessen“ (Becker nach Jackson und Marsh, 1996).  

Eine Herausforderung wird laut der Theorie als gut gestaltet betrachtet, wenn sie den individuellen Fähigkeiten entspricht. Was für eine Person angemessen ist, kann für eine andere Person überfordernd oder für eine weitere Person unterfordernd sein (vgl. Csikszentmihalyi, 1990). Die folgende Abbildung zeigt das Modell der Flow-Theorie. 

Die Flow-Theorie

Die Flow-Theorie  nach Csikszentmihalyi, 1975, Bild: Eigene Darstellung nach Becker

Das Modell zeigt, dass die Balance zwischen dem Anspruch einer Aufgabe und dem Fähigkeitsniveau der Person stimmen muss, damit sie in den Flow-Zustand kommt (vgl. Nakamura und Csikszentmihalyi, 2002).  

Ist der Anspruch einer Tätigkeit zu hoch, folgt Überforderung, Beunruhigung und eine geringe Motivation, ein zu geringer Anspruch hat hingegen Langeweile und ebenfalls eine geringe Motivation zur Folge. 

Warum ist ein Flow-Erleben beim Online-Lernen erstrebenswert?  

Ein Flow-Zustand ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:  

  • „ein Gefühl des Verschmelzens mit der Aufgabe bzw. Tätigkeit
  • jeder nächste Schritt fließt wie von allein aus den vorangehenden Schritten (daher der Begriff Flow)
  • eine tiefe und lange anhaltende Konzentration auf nur eine Tätigkeit
  • die Aufgabe verdrängt alles andere aus dem Bewusstsein
  • Personen vergessen das Gefühl für Zeit
  • die Wahrnehmung der Umgebung ist eingeschränkt
  • physiologische Aspekte wie Hunger, Durst, Müdigkeit oder die Toilette zu besuchen sind nur noch eingeschränkt wahrnehmbar
  • das Empfinden, etwas zu bewirken
  • die Überzeugung, kompetent zu sein
  • eine große Klarheit, was zu tun ist
  • Glücksgefühle“ (Becker)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lernende am besten im Flow-Zustand lernen. Eine zu geringe oder zu hohe Herausforderung hingegen führen zu Stress und Demotivation. Lehrende sollten daher die Fähigkeiten und das Vorwissen ihrer Teilnehmenden gut kennen, um die Inhalte und Anforderungen anzupassen. Adaptive Systeme können hierbei hilfreich sein.  

Wie kann ich ein Flow-Erleben messen?

Um herauszufinden, ob die Teilnehmenden in einem Flow-Zustand lernen, können Fragebögen genutzt werden. Menschen, die motiviert und im Flow-Zustand sind, werden den folgenden Aussagen stark zustimmen (aus: Rheinberg et al. 2003, S. 11):  

  • "Ich weiß bei jedem Schritt, was ich zu tun habe.
  • Die richtigen Gedanken/Bewegungen kommen wie von selbst.
  • Ich habe das Gefühl, den Ablauf unter Kontrolle zu haben.
  • Ich habe keine Mühe, mich zu konzentrieren.
  • Mein Kopf ist völlig klar.
  • Meine Gedanken bzw. Aktivitäten laufen flüssig und glatt.
  • Ich bin ganz vertieft in das, was ich gerade mache.
  • Ich fühle mich optimal beansprucht.
  • Ich bin völlig selbstvergessen.
  • Ich merke gar nicht, wie die Zeit vergeht."

Welche Aufgaben können den Flow beim Lernen fördern?

Ideal bei der Aufgabenerstellung ist es, ein Gleichgewicht zwischen Herausforderung und Fähigkeiten zu finden (vgl. Nakamura & Csikszentmihalyi, 2002). Doch was bestimmt, wie anspruchsvoll eine Aufgabe ist? 

Die folgende Abbildung zeigt Aspekte der Arbeitsgestaltung, die eine Aufgabe motivierend machen. Klicken Sie auf die einzelnen Elemente, um sich nähere Informationen dazu anzuschauen:


Referenzen

Becker, F. (2018).  Mitarbeiter wirksam motivieren. München: Springer.  

Becker, F. Flow-Erleben: Theorie von Csikszentmihalyi. München: WPGS. Verfügbar unter: https://wpgs.de/fachtexte/flow-erleben/    (zuletzt abgerufen am  21.08.2024) 

Csikszentmihalyi, M. (1975). Beyond Boredom and Anxiety: Experiencing Flow in Work and Play. San Francisco: Jossey-Bass.

Csikszentmihalyi, M. (1990). Flow: The psychology of optimal experience. New York: Harper Perennial.  

Jackson, S. & Marsh, H. (1996). Development and validation of a scale to measure optimal experience: The Flow State Scale. Journal of Sport & Exercise Psychology, 18, 17-35.  

Nakamura, J. & Csikszentmihalyi, M. (2002). The concept of flow. In C. R. Snyder & S. J. Lopez (Hrsg.), Handbook of Positive Psychology (S. 89-105). Oxford, UK: Oxford University Press.  

Rheinberg, F., Vollmeyer, R. & Engeser, S. (2003). Die Erfassung des Flow-Erlebens. In Stiensmeier-Pelster, J. & Rheinberg, F. (Hrsg.), Diagnostik von Motivation und Selbstkonzept (Tests und Trends N.F. 2) (S. 261-279). Göttingen: Hogrefe.