Im Folgenden beschreiben einige Lehrende, wie sie unterschiedliche Theorien und Modelle in ihren Online-Kursen praktisch nutzen. 

Klicken Sie auf die Überschriften unter den Fallbeispielen, um sich  nähere Informationen zu den Theorien und Modellen anzuschauen.

Online-Trainer vor dem Rechner

Online-Trainer vor dem Rechner, Bild: iStock.com, fizkes, 

nicht unter freier Lizenz 

Robert Kruger  hat von dem Grundmodell der klassischen Motivationspsychologie gehört und versucht, die einzelnen Aspekte bei der Planung seiner Online-Schulungen zu berücksichtigen. Er findet es spannend, zu erfahren, wie die Lernsituation und die Situation der Lernenden miteinander in Bezug stehen  und sich auf deren Motivation  auswirken.

Er hat daraus gelernt und erfragt vor seinen Schulungen die individuellen Lernziele seiner Teilnehmenden ab und passt die Inhalte entsprechend an. Auch den Umfang des Kurses und die Ausrichtung der Einheiten passt er an die Rückmeldungen an. Je nach Art der Teilnahme baut er Extra-Zeiten ein, um auf Rückfragen einzugehen und das Level der Aufgaben zu überprüfen und anzupassen.

Das Grundmodell der Motivationspsychologie 

Schon Lewin (1936) und Murray (1938) gingen davon aus, dass es sich bei Motivation um eine Wechselbeziehung zwischen Person und Situation handelt, die dann das Lernen beeinflusst.  

Rheinberg und Fries (1998) haben das Modell für die Erklärung von Lernhandeln angepasst und erweitert. In diesem Modell ist erkennbar, dass auch für Lernhandlungen grundlegend wichtig ist, dass die Motivation, die letztendlich in der Lernsituation zum Tragen kommt, von persönlichen Faktoren und situativen Faktoren abhängt. 

Das Grundmodell der Lernmotivation

Das Rahmenmodell zu Bedingungen und Auswirkungen der Lernmotivation, Grafik: Eigene Darstellung nach Rheinberg und Fries, 1998 

Person – Lernvoraussetzungen berücksichtigen  

Menschen haben unterschiedliche Herangehensweisen an die Auswahl und Verfolgung von Zielen. Die Forschung zeigt, dass eine Person in verschiedenen Situationen oft konsistent handelt. Deshalb werden dauerhafte Neigungen als Personenvariablen betrachtet (Zander & Heidig, 2020, S. 396). Je nachdem, welche Ziele mit dem Lernen verbunden sind, entstehen unterschiedliche Motivationsarten (Wild et al., 2001).  

Lernsituation  

Neben den persönlichen Eigenschaften beeinflussen auch die Umstände das Lernverhalten. Lehrmethoden (wie Feedback, Anreize oder die Schwierigkeit von Aufgaben) können die aktuelle Motivation der Lernenden beeinflussen und haben Auswirkungen auf ihre Ausdauer, Anstrengung, Wohlbefinden und Engagement. Das kann sich langfristig auf den Lernerfolg auswirken (Zander & Heidig, 2020, S. 403). 

Pflegerin im Krankenzimmer

Pflegerin im Krankenzimmer, Bild: iStock.com, andresr, nicht unter freier Lizenz 

Nina Meyer weiß bereits über intrinsische und extrinsische Motivation Bescheid und möchte sich dies bei ihrer hybriden Fortbildung für Fachkrankenpflegerinnen zunutze machen. Sie hat sich ein klares Ziel für die Ausbildung gesetzt und was sie damit in Zukunft erreichen möchte. 

Sie klärt regelmäßig ab, wie viel Zeit sie für das Lernen einplanen muss und wie sie die Zeit in ihrem Alltag unterbringen kann. Die digitalen Teile der Fortbildung kommt ihrem Schichtdienst im Krankenhaus entgegen. Gleichzeitig versucht sie, sich für Referate und Ausarbeitungen die Themen rauszusuchen, die für sie besonders interessant sind.  

Extrinsische & intrinsische Lernmotivation 

Es gibt zwei Formen der Lernmotivation: die intrinsische und die extrinsische Motivation. Eine Kombination aus beiden ist möglich und oft sogar erstrebenswert. Der Unterschied liegt in der Intensität und den angestrebten Zielen der Motivation. 

Extrinsische und intrinsische Motivation

Extrinsische und intrinsische Lernmotivation, Bild: Eigene Darstellung

Extrinsische Lernmotivation  

Extrinsische Lernmotivation bedeutet, dass äußere Faktoren eine Person dazu motivieren, sich mit Lerninhalten zu beschäftigen. Die Handlungen werden durch erwartete Ergebnisse angetrieben und dienen einem bestimmten Zweck oder Ziel. Beispiele für solche Faktoren sind (nach Zander & Heidig, 2020, S. 398):  

  • Belohnung (z. B. gute Noten, Geld, Status)
  • Anerkennung oder Wertschätzung
  • Angst vor Konsequenzen
  • Peer-Pressure (Gruppenzwang)
  • Macht/Einfluss

Extrinsische Lernmotivation ist oft durch ein bestimmtes Ziel geprägt, das die oder der Lernende erreichen möchte. Allerdings kann diese Motivation nachlassen, besonders wenn das Lernen nicht mehr unterhaltsam ist.  

Intrinsische Lernmotivation  

Intrinsische Lernmotivation bedeutet, dass der Antrieb zum Lernen von innen kommt. Eine Person lernt, weil es ihr Freude bereitet und sie aus eigenem Interesse heraus handelt. Beispiele für intrinsische Einflussfaktoren sind (nach Zander & Heidig, 2020, S. 398):  

  • Spaß an der Tätigkeit
  • persönliches Interesse/Neugierde
  • Tätigkeit stellt eine Herausforderung dar, überfordert/unterfordert aber nicht
  • Erledigen der Tätigkeit ergibt Sinn

Intrinsische Lernmotivation bietet einige Vorteile, wie (vgl. Zander & Heidig, 2020) Kreativität, höhere Lernbereitschaft, höheres Engagement und Zufriedenheit. 

Fröhliche Frau am PC

Motiviert online lernen, Bild: iStock.com, fizkes, nicht unter freier Lizenz 

Lucija Varga entwickelt Online-Lernangebote und ist nach einigen Durchläufen fest davon überzeugt, dass diese nur funktionieren, wenn es den Lernenden ermöglicht wird, sich selbst als kompetent, selbstbestimmt handelnd und sozial eingebunden zu erleben. 

Hierfür versucht sie, die passenden technischen und inhaltlichen Rahmenbedingungen zu schaffen: Wahlmöglichkeiten bei inhaltlichen Schwerpunkten, direkte Rückmeldungen, Austauschmöglichkeiten. Nicht alles lässt sich einfach und sofort umsetzen, aber die Rückmeldungen geben ihr Recht: Die Lernenden geben ihr ein positiveres Feedback als noch zu Beginn, sie fühlen sich durchweg wohl und sind engagiert bei der Sache.  

Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation 

Wissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass extrinsische Motivation einen negativen Einfluss auf die intrinsische Motivation haben kann. So waren zum Beispiel Kinder, die für das Puzzeln Belohnungen bekamen, in der Folge weniger motiviert, das Puzzle fortzusetzen. Dieser Effekt wird als Korrumpierungseffekt bezeichnet.  

Deci und Ryan (1993) entwickelten zur Erklärung dieses Befundes die Selbstbestimmungstheorie der Motivation. In dieser nehmen drei menschliche Grundbedürfnisse eine zentrale Rolle ein: Autonomie, Kompetenz und soziale Eingebundenheit. 

Die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan

Die Selbstbestimmungstheorie, Bild: Eigene Darstellung nach Deci & Ryan, 1993

Wenn diese Grundbedürfnisse erfüllt sind, steigt die Wahrscheinlichkeit für psychisches Wohlbefinden. Sind sie nicht erfüllt, ist diese Wahrscheinlichkeit gering.  Deci und Ryan (1993) argumentieren, dass menschliche Motivation stark von Grundbedürfnissen beeinflusst wird. Sie gehen auch davon aus, dass Menschen von Natur aus neugierig sind und die Welt um sie herum erkunden und verstehen wollen.  

Den Korrumpierungseffekt (die Verdrängung primärer Motivationen durch sekundäre) erklären Deci und Ryan (1993) dadurch, dass eine von außen erhaltene Belohnung dazu führt, dass sich Lernende nicht autonom fühlen. Wissen diese, dass sie für ein bestimmtes Verhalten belohnt oder bestraft werden, sind sie extern motiviert – und fühlen sich dementsprechend in ihrem Handeln fremdbestimmt. Fehlt eine Belohnung oder Bestrafung von außen, kommt hingegen die angeborene Neugierde zum Tragen. Da kein äußerer Zwangsfaktor gegeben ist, fühlen sie sich autonom – und meist auch kompetent. Die soziale Umgebung nimmt dabei als dritter Faktor eine wesentliche Rolle ein: „Umwelten, in denen wichtige Bezugspersonen Anteil nehmen, die Befriedigung psychologischer Bedürfnisse ermöglichen, Autonomiebestrebungen des Lerners unterstützen und die Erfahrung individueller Kompetenz ermöglichen, fördern die Entwicklung einer auf Selbstbestimmung beruhenden Motivation“ (Deci & Ryan, 1993, S. 236).


Referenzen

Deci, E. L. (1971). „Effects of externally mediated rewards on intrinsic motivation“. Journal of Personality and Social Psychology, 18, 105-115.  

Deci, E. L. & Ryan, R. M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 39, 223-228.  

Lewin, K. (1936). Psychology of success and failure. Occupations, 14, 926–930.  

Murray, H. A. (1938). Explorations in personality. New York: Oxford University Press.  

Rheinberg, F. (2008). Motivation (7. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.  

Rheinberg, F. & Fries, S. (1998). Förderung der Lernmotivation: Ansatzpunkte, Strategien und Effekte. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 44, 168–184.  

Wild, E., Hofer, M., & Pekrun, R. (2001). Psychologie des Lerners. In A. Krapp & B. Weidenmann (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Weinheim: Beltz.  

Zander, S. & Heidig, S. (2020). Motivationsdesign bei der Konzeption multimedialer Lernumgebungen. In Niegemann, H. & Weinberger, A. (Hrsg.), Handbuch Bildungstechnologie - Konzeption und Einsatz digitaler Lernumgebungen, (S. 393-416). Berlin, Heidelberg: Springer.