Um selbstgesteuert lernen zu können, benötigen Lernende einerseits entsprechende Kompetenzen und andererseits sollten sie Informationen durch das System erhalten, die ihnen bei der Orientierung helfen. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass sie Unterstützung erhalten, um ihre Leistung einschätzen zu können (vgl. Winter, 2004, S. 205) und den eigenen Lernprozess zu reflektieren (vgl. Häcker, 2005, S. 4).  

Aus diesen Gründen sollte für die Lernenden ihr Lernprozess in der Lernumgebung jederzeit deutlich zu erkennen sein. (Dyrna et al., 2018, S. 162). 

Leitfrage zur Reflexion

Wenn Sie schon einmal an einem Online-Kurs teilgenommen haben, hatten Sie dort den Eindruck, einen guten Überblick über Ihren Lernprozess und Ihre Leistung zu erhalten? Welche Elemente und Aspekte haben Sie dort konkret gefunden, die für Transparenz beim Lernen sorgten?

Für Transparenz beim Lernen in  Online-Lernumgebungen zu sorgen, kann konkret bedeuten,  dass Lernende (vgl. ebenda)  

  • eine Orientierung erhalten, wo sie sich gerade im Lernprozess befinden, zum Beispiel, wie viele Inhalte oder Aufgaben sie bereits abgeschlossen haben,
  • eine gute Erläuterung erhalten, welche Möglichkeiten zur Selbststeuerung das Lernangebot bietet und
  • Unterstützung durch das System erhalten, um sich immer sicherer in der Lernumgebung verhalten zu können, beispielsweise in Form von methodischen Anregungen und Feedback.

 

Lernprozesse im E-Learning

Beispiel für eine transparente Lernumgebung, Bild: iStock, Nadezhda Fedrunova, nicht unter freier Lizenz

 

Den Lernprozess erfassen und sichtbar machen – Wie kann das konkret aussehen?

Sinnvolle Maßnahmen, um Lernprozesse sichtbar zu machen, sehen in jedem Online-Weiterbildungen anders aus, da sich Kurse in Thema, Umfang, Zielgruppe, technischen Möglichkeiten etc. unterscheiden. Im Folgenden finden Sie jedoch einige konkrete Vorgehensweisen (vgl. Dyrna et al., 2018, S. 162), bei denen Sie schauen können, welche für Ihre Kurse sinnvoll und technisch umsetzbar sind.  

Klicken Sie im Folgenden auf die Überschriften, um sich die Umsetzungsideen anzuschauen.

Orientierung erhalten

1. Klar strukturierte Kursübersicht:

  • Modulare Gliederung: Teilen Sie Kurse in Module, Einheiten oder Kapitel ein. Jede Einheit sollte klar benannt und nummeriert sein.
  • Übersichtliche Navigation: Implementieren Sie eine übersichtliche Navigationsleiste oder ein Menü, in dem die Teilnehmenden sehen können, wo sie sich gerade befinden und welche Einheiten bereits abgeschlossen sind.

2. Fortschrittsanzeigen:

  • Nutzen Sie  Fortschrittsbalken oder Checklisten, die anzeigen, wie viel des Kurses bereits absolviert wurde. Dies motiviert die Teilnehmenden und hilft ihnen, den Überblick zu behalten.
  • Automatische Markierungen kennzeichnen automatisch die Lektionen oder Abschnitte, die bereits abgeschlossen wurden.

3. Zusammenfassungen und Wiederholungen:

  • Bieten Sie am Ende jedes Moduls eine kurze Zusammenfassung an, die die wichtigsten Punkte und Lernziele wiederholt.
  • Wiederholungseinheiten oder Quizze helfen dabei, den Stoff zu festigen und den Teilnehmenden eine Rückmeldung über ihren Wissensstand zu geben.

4. Interaktive Elemente:

  • Integrierte Quizze oder Tests nach wichtigen Einheiten helfen dabei, dass die Teilnehmenden ihren Wissensstand selbst überprüfen können.
  • Diskussionsforen oder Chats,  in denen die Teilnehmenden Fragen stellen und sich austauschen können, fördern das Verständnis und das Gefühl der Gemeinschaft.

5. Technische Unterstützung:

  • Kurze Anleitungen oder FAQs zur Navigation im Kurs helfen dabei, dass sich niemand verloren fühlt.
  • Stellen Sie sicher, dass es einfache Wege gibt, technische Hilfe zu bekommen, falls jemand Schwierigkeiten hat.

Hilfreiche Erläuterungen

1. Klare Kommunikation der Selbststeuerung:

Klarheit und Struktur: Beschreiben Sie die verfügbaren Optionen zur Selbststeuerung (z. B. Wahl der Reihenfolge der Lektionen, Festlegen eigener Lernziele, Anpassung des Lerntempos).

Beispiel: „In diesem Kurs haben Sie die Möglichkeit, Ihr eigenes Lerntempo zu bestimmen und die Reihenfolge der Module nach Ihren Bedürfnissen anzupassen. Nutzen Sie diese Flexibilität, um das Lernen so effektiv wie möglich zu gestalten.“

2. Anleitung zur Zielsetzung:

Erläutern Sie den Lernenden, wie sie realistische, spezifische und messbare Lernziele setzen können.

Beispiel: „Setzen Sie sich spezifische Lernziele, wie z. B. ‚Ich möchte bis Freitag Modul 2 abschließen und das Quiz mit mindestens 80 % bestehen.‘ Dies hilft Ihnen, fokussiert und motiviert zu bleiben.“

3. Werkzeuge und Methoden für das Selbstmanagement:

Bieten Sie Anleitungen und Tools, um den Lernprozess zeitlich zu strukturieren, z. B. Kalender-Apps oder Wochenpläne.

Beispiel: „Nutzen Sie den folgenden Lernplan, um Ihre Lernzeiten effizient zu gestalten. Setzen Sie sich tägliche Lernziele und überprüfen Sie am Ende der Woche, was Sie erreicht haben.“

4. Ermutigung zur Selbstüberwachung:

Weisen Sie auf regelmäßige Selbsttests oder Quizze hin, die den Lernenden helfen, ihren Wissensstand eigenständig zu überprüfen.

Beispiel: „Nach jedem Modul finden Sie ein Quiz, das Ihnen hilft, Ihr Wissen zu überprüfen. Nutzen Sie es, um Ihre Fortschritte zu messen und Bereiche zu identifizieren, die Sie weiter vertiefen möchten.“

5. Anpassung des Lernpfades:

Zeigen Sie auf, wie die Lernenden ihren Kurs personalisieren können, indem sie z. B. bestimmte Module überspringen, die für sie weniger relevant sind, oder zusätzliche Ressourcen für fortgeschrittene Themen nutzen.

Optionale Vertiefungen: Bieten Sie optionale Inhalte oder Aufgaben an, die Lernende je nach Interesse oder Bedarf bearbeiten können.

Beispiel: „Dieser Kurs bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre Lernreise selbst zu gestalten. Wenn Sie sich in einem bestimmten Bereich sicher fühlen, können Sie diesen überspringen und direkt mit dem nächsten Modul fortfahren.“

6. Motivationsstrategien:

Geben Sie Tipps zur Aufrechterhaltung der Motivation, wie z. B. Belohnungssysteme oder die Bildung von Lerngewohnheiten.

Wenn möglich, ermutigen Sie die Lernenden, sich mit anderen auszutauschen oder Lernpartner und -partnerinnen zu finden, um gemeinsam Ziele zu verfolgen und die Motivation aufrechtzuerhalten.

Beispiel: „Belohnen Sie sich nach dem Erreichen eines wichtigen Ziels, um motiviert zu bleiben. Tauschen Sie sich in unserem Forum mit anderen Lernenden aus, um gegenseitige Unterstützung zu erhalten.“

7. Regelmäßige Erinnerung und Unterstützung

Nutzen Sie Funktionen wie Erinnerungs-E-Mails oder Benachrichtigungen, um die Lernenden an ihre Ziele und den nächsten Lernschritt zu erinnern. Bieten Sie Unterstützung an, falls die Teilnehmenden Schwierigkeiten haben, ihre Lernziele zu erreichen.

Beispiel: „Haben Sie Ihr Wochenziel schon erreicht? Wenn Sie Unterstützung benötigen, stehen wir Ihnen im Chat zur Verfügung.“

Automatische Unterstützung durch das System

1. Interaktive Onboarding-Touren:

Bieten Sie interaktive Onboarding-Touren (Videos, Screencasts) an, die neuen Nutzenden die wichtigsten Funktionen der Plattform zeigen. Diese Touren sollten schrittweise erklären, wie man die Plattform bedient, wie man Inhalte aufruft, Kurse startet oder den Fortschritt überwacht.

Alternativ können Sie Tooltips oder Pop-ups integrieren, die bei der ersten Nutzung bestimmter Funktionen automatisch erscheinen und kurze Erklärungen oder Anleitungen bieten.

Beispiel: „Willkommen auf unserer Plattform! Klicken Sie hier, um eine Tour durch die wichtigsten Funktionen zu machen, damit Sie sich schnell zurechtfinden.“

2. Automatische Empfehlungen und Personalisierung:

Implementieren Sie Algorithmen, die basierend auf dem bisherigen Lernverhalten der Nutzenden automatische Empfehlungen für die nächsten Lektionen oder zusätzliche Ressourcen aussprechen.

Personalisierte Benachrichtigungen oder E-Mails können die Nutzenden an ihre Lernziele erinnern, Fortschritte loben oder darauf hinweisen, wenn eine wichtige Frist näher rückt.

Beispiel: „Basierend auf Ihren bisherigen Fortschritten empfehlen wir Ihnen, das Modul ‚Vertiefung in Thema X‘ als Nächstes zu absolvieren.“

3. Automatische Fehlerkorrektur und Feedback:

Sofortige Rückmeldungen bei Quizzen und Tests helfen Lernenden zu erkennen, was sie richtig oder falsch gemacht haben. Diese können durch detaillierte Erklärungen ergänzt werden, um das Verständnis zu fördern. Manche Systeme können automatisch Lernmaterialien vorschlagen, um Lücken zu schließen.

Beispiel: „Sie haben bei der letzten Frage einen kleinen Fehler gemacht. Schauen Sie sich dieses Video an, um das Thema noch einmal zu vertiefen.“

4. Sicherheits- und Datenschutzhinweise:

Zeigen Sie Hinweise zu Datenschutz und -Sicherheit an, um die Nutzenden über den sicheren Umgang mit ihren Daten zu informieren. Dies könnte besonders relevant sein, wenn persönliche Daten eingegeben oder wichtige Einstellungen geändert werden.

Eine einfache und verständliche Zwei-Faktor-Authentifizierung ermöglicht, die Sicherheit der Daten der Nutzenden zu gewährleisten.

Beispiel: „Für Ihre Sicherheit: Aktivieren Sie die Zwei-Faktor-Authentifizierung in Ihrem Konto. Hier erfahren Sie, wie es geht.“


Referenzen

Dyrna, J., Riedel, J. & Schulze-Achatz, S. (2018). Wann ist Lernen mit digitalen Medien (wirklich) selbstgesteuert? Ansätze zur Ermöglichung und Förderung von Selbststeuerung in technologieunterstützten Lernprozessen. In Workshop Gemeinschaften in Neuen Medien (GeNeMe) 2018 (S. 155-166. ) Dresden: TUDpress.  

Häcker, T. (2005). Portfolio als Instrument der Kompetenzdarstellung und reflexiven Lern-prozesssteuerung. In bwp@ Nr. 8. Verfügbar unter: http://www.bwpat.de  (zuletzt abgerufen am 21.08.2024)

Winter, F. (2004). Leistungsbewertung. Eine neue Lernkultur braucht einen anderen Umgang mit den Schülerleistungen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren.