Sowohl Lehrperson als auch Kursmitglied können sympathische Persönlichkeiten sein, die dem Kurs offen und motiviert gegenüber stehen. Trotzdem können hier Probleme vorprogrammiert sein, wenn Hintergründe, Wünsche und Ziele des Kurses nicht besprochen werden.

Deshalb gibt es ein paar Punkte, die zum Kursbeginn sinnvoll sind, um Widerstände im weiteren Verlauf zu verhindern:

Den Kursablauf strukturieren und gestalten

1. Die Persönliche Ebene klären
 

Cartoonzeichnung: Kursleiter steht vor Gruppe und stellt sich an einem Flipchart vor.

Sich selbst als Individuum vorzustellen hilft, sich und andere zu verstehen und zu respektieren. Die Lehrperson sollte zu Kursbeginn mit gutem Beispiel voran gehen. Kleine private Einblicke schaffen Nähe und Sympathie. Neben der Vorstellung der eigenen Person dürfen aber auch eine Erklärung zum beruflichen Hintergrund und der Bezug zum Kurs nicht fehlen. Nach der Vorstellung der eigenen Person ist es für die Lehrkraft wichtig, ein paar Dinge über die einzelnen Kursteilnehmenden zu erfahren und ebenfalls etwas über ihre beruflichen Hintergründe und Bezüge zur Weiterbildung. Es gibt dazu zahlreiche „Kennenlernspiele“ und Vorstellungsmethoden.

Praxisbeispiel

Im Beispiel von Dozent Sebastian Lehmann und Teilnehmer Jakob Reiser kann bereits zu Kursbeginn viel Konfliktpotential vermieden werden, wenn beide um ihre gegenseitigen persönlichen Hintergründe wissen. Kann Herr Lehmann seine Begeisterung zum Thema bereits in der Vorstellungsrunde transportieren und sich als engagierter Mensch präsentieren, wird Jakob Reiser ihn als ebenjenen Mensch akzeptieren und gegebenenfalls auch darüber hinwegsehen können, dass seine eigene Art, Arbeit zu strukturieren, von der des Kursleiters abweicht. Im Gegenzug ist es für Herrn Lehmann möglich, sich auf seinen Teilnehmer einzustellen, wenn er weiß, wer dieser ist, wo er herkommt und was er für Wissen mitbringt. Mit dem Wissen über den anderen entsteht Verständnis und das führt zur Akzeptanz des Gegenübers und der Bereitschaft, sich mit dessen Art auseinanderzusetzen.

2. Den Kurs organisieren
 

Cartoonzeichnung: Kursleiter steht vor Gruppe und stellt an der Tafel seinen Kursablauf vor.

Von dem eigentlichen Kursinhalt abgesehen kann der Kursrahmen für Schwierigkeiten sorgen, wenn die Rahmenbedingungen nicht ausreichend geklärt sind. Vor und während des Kurses muss die Lehrperson dafür sorgen, dass organisatorische Fragen mit den Teilnehmenden geklärt sind. Welche Kurszeiten sind festgelegt? Wie und wann werden Pausen eingelegt? Wo sind die Toiletten? Welche Materialien/welches Arbeitsequipment benötigen die Teilnehmenden? Sind die Rahmenbedingungen klar organisiert, kann viel Konfliktpotential vermieden werden, das sonst den Lernprozess behindern und zu Widerständen führen könnte.

Praxisbeispiel

Für den Dozenten Sebastian Lehmann bedeutet „Rahmenbedingungen klären“, dass er zum Beispiel seine zeitliche Flexibilität anfangs zur Sprache bringt und im Kurs abfragt, ob es für die Kursgruppe in Ordnung ist, wenn er die Zeit überzieht, um ein Thema zu Ende zu bringen oder weiter auszuführen. Bekommt er dann von Jakob Reiser die Rückmeldung, dass ihm das aufgrund von familiärer Verpflichtung leider nicht möglich ist, muss er seinen Kurs darauf einstellen. Das bedeutet, dass er sich bei jeder ausschweifenden Diskussion oder weiterführenden Exkursen fragen muss, ob diese seinen Zeitplan durcheinanderbringen und, ob er regulierend eingreifen muss. Gibt es allerdings keine Einwände gegen die zeitliche Flexibilität, spricht nichts dagegen, dass Sebastian Lehmann die Rahmenbedingungen nach seinen Vorstellungen verändert. 

3. Ziele setzen
 

Cartoonzeichnung: Dozent steht jubelnd an der Tafel, an der "Ziel" geschrieben steht, die Kursteilnehmenden im Vordergrund klatschen

Für die Kursplanung ist es im Vorfeld wichtig, dass sich die Lehrkraft klar macht, was sie mit dem Kurs eigentlich bezwecken möchte. Die Definition eines Hauptlernzieles und verschiedener Zwischenlernziele helfen bei der Strukturierung des Kurses. Diese Ziele müssen während der Weiterbildung regelmäßig gegenüber den Teilnehmenden kommuniziert werden. Das schafft Orientierung und ermöglicht es der Kursgruppe regelmäßig selbst zu überprüfen, wo sie im Lernprozess steht. Je nach Teilnehmerstruktur und Lernverlauf kann es nötig sein, die Lernziele zu verändern oder anzupassen. Auch solche Eingriffe müssen durch die Kursleitung unbedingt offen benannt und erklärt werden, damit es nicht zu Verwirrung und Missmut unter den Teilnehmenden kommt.

Praxisbeispiel

Im Beispiel von Sebastian Lehmann und Jakob Reiser entspräche es Herrn Lehmanns Mentalität und Arbeitsweise, dass er während des Kurses eine neue Idee entwickelt, die seines Erachtens den Kurs im Thema viel weiter bringt. Lässt er alte Ideen mit deren Zwischenlernzielen einfach fallen, wird er damit Herrn Reiser in seiner Arbeitsstruktur vor den Kopf stoßen. Herr Reiser möchte nicht sprunghaft lernen und könnte sich daher der Arbeitsweise von Herrn Lehmann verweigern. Herr Lehmann muss sich vor Themenwechseln also genau überlegen, ob die neue Idee für den Kurs wirklich einen so hohen Mehrwert bringt, dass sie es Wert ist, dass die Teilnehmenden sich umstellen und einen neuen Arbeitsweg einschlagen. Kommt er zu der Antwort, ja, der Mehrwert ist hoch genug, dann muss er das mit schlagkräftigen Argumenten dem Kurs erklären und neue Lernziele definieren. Erkennt Jakob Reiser, dass das neue Konzept auch für ihn einen positiven Effekt hat, wird es ihm leichter fallen, den Themenwechsel zu akzeptieren.

4. Erwartungen äußern
 

Cartoonzeichnung: Der Dozent steht abwartend an der Tafel, ander Wünsche? und Erwartungen? steht. Die Teilnehmenden im Vordergrund unterhalten sich und haben Sprechblasen über sich, in denen wiederum die Teilnehmenden in anderen Situationen abgebildet sind.

Wenn die Lehrperson besondere Vorstellungen von der Weiterbildung hat oder sich konkreten Einsatz von der Gruppe wünscht, ist sie gut darin beraten, diese Erwartungen klar zu äußern. Es geht hier nicht nur um die Erreichung eines Lernzieles, sondern auch um die Art und Weise im Kurs zu agieren. Das kann zwischenmenschliche Aspekte betreffen: „Ich erwarte, dass jede Wortmeldung als Meinung erstmal akzeptiert wird und wir im Anschluss sachlich darüber diskutieren.“ Oder auch die Mitarbeit: „Ich erwarte, dass Sie direkt  nachfragen, wenn Sie etwas nicht verstehen.“

Im Gegenzug dazu müssen aber auch die Erwartungen der Teilnehmenden gehört werden. Was haben sich die einzelnen Kursmitglieder unter der Weiterbildung vorgestellt? Wie stellen sie sich die Zusammenarbeit vor? Welchen Beitrag sind sie bereit, für den Kurs zu leisten? Viele Fragen und viele Antworten geben der Lehrperson Aufschluss über die Einstellungen der Kursgruppe, deren Stimmungsbild und die Wünsche, die sie für den Kurs mitbringen.

Praxisbeispiel

Im Beispiel von Sebastian Lehmann und Jakob Reiser könnte der Kursleiter erklären, dass er auftretende Probleme im Kurs als Hilfsmittel und nicht als Barrieren sieht und er die Erwartung an seine Teilnehmer hat, dass diese Probleme erstmal objektiv betrachten, bevor sie sie bewerten. Da Jakob Reiser ein motivierter und fleißiger Mensch ist, wird er eine solche Erklärung akzeptieren und der Bitte, Probleme nicht direkt zu verteufeln, nachkommen. Das bedeutet nicht, dass er jedes auftretende Problem in Zukunft bejubelt, aber dass er innerhalb des Kurses Bereitschaft zeigen wird, sich auch mit ihm bislang fremden Techniken zu befassen. Äußert Jakob Reiser darüber hinaus, wie wichtig ihm klar formulierte Lernziele sind, um sich selbst und seinen Lernprozess zu strukturieren, kann Sebastian Lehmann verstehen, was für ein Lerntyp sein Teilnehmer ist und sich entsprechend auf dessen Bedürfnisse einstellen. 

5. Den Kursablauf kooperativ gestalten
 

Teilnehmenden und Dozent stehen gemischt im Raum herum und arbeiten gemeinsam an Tafel, Flipchart und Klemmbrettd

Die Lehrkraft hat bezüglich ihres Kurses im Normalfall die größte Fachexpertise. Je genauer sie ihren Kurs plant und vorbereitet, desto reibungsloser wird dieser gelingen. Doch die beste Vorbereitung reicht nicht aus, wenn die Teilnehmenden sich selbst im Kurskonzept nicht wiederfinden. Die Planung der Lehrkraft muss mit den Wünschen und Erwartungen der Teilnehmenden abgestimmt werden, damit ein gemeinsames Lernvorhaben entstehen kann. Die Herausforderung für die Lehrperson ist es, die Balance zu finden, zwischen einem gut strukturiertem Kurs und einer offenen Gestaltung durch die Teilnehmenden. Zur offenen Gestaltung sollte auch Raum für Zwischenkritik gehören, in dem sowohl Teilnehmende als auch Lehrperson positive wie negative Aspekte zum bisherigen Kurs äußern können.

Können Kursmitglieder ihre eigenen Wünsche und Anregungen in den Kurs einbringen, fühlen sie sich in ihrer Person ernstgenommen und wertgeschätzt. Wenn Sie  die Ideen der Kursgruppe mit einbeziehen, passt das Kurskonzept noch individueller zu den Teilnehmenden. 

Praxisbeispiel

Fragt Dozent Sebastian Lehmann zu Beginn seines Kurses oder vor einem neuen Thema die Wünsche und Vorstellungen seiner Kursgruppe ab, kann er sich auf diese einstellen und an passender Stelle in sein Konzept integrieren. Selbst wenn Jakob Reiser nicht mit jedem Kursinhalt einverstanden ist, könnte er sich besser darauf einlassen, wenn er sieht, dass der Dozent seine Bedürfnisse berücksichtigt, so gut es ihm möglich ist.

 

Oftmals entstehen Probleme erst, wenn mehrfach hintereinander Dinge negativ auffallen. Wenn innerhalb des Kurses eine wertschätzende Feedbackkultur aufgebaut wird, hat Jakob Reiser die Möglichkeit, die Dinge, die ihm gefallen, genauso anzumerken, wie die Arbeitsweisen, die ihn stören. Sebastian Lehmann wird durch das Zwischenfeedback ermöglicht, sein Vorgehen entsprechend der positiven und negativen Rückmeldungen anzupassen.

Spontan reagieren

Trotz präventiver Maßnahmen im Kursverlauf kann es passieren, dass Teilnehmende zum Beispiel mit der Struktur Schwierigkeiten haben. Diese sollten Sie offen oder auch im Einzelgespräch ansprechen. Auch wenn es Probleme gibt – das Kind ist noch nicht in den Brunnen gefallen! Holen Sie die oben genannten Punkte nach, besprechen Sie die Regeln neu oder ändern Sie Ihre Vorgehensweise. Erwartungen können sich sowohl bei Ihnen als auch bei Ihren Kursmitgliedern verändern. Wichtig ist bei allem, gegenseitig das Gespräch zu suchen, damit Veränderungen für alle verständlich und Regeln transparent sind. 


Referenzen

Gerl, H. (1977). Kurskritik von Teilnehmern in der soziokulturellen Erwachsenenbildung. In:  Siebert, H. (Hrsg.): Praxis und Forschung in der Erwachsenenbildung.  Westdeutscher Verlag. Opladen, Leverkusen.

Gundermann, A. (2015). Kursplanung. Der DIE Wissensbaustein für die Praxis. Verfügbar unter https://wb-web.de/wissen/lehren-lernen/kursplanung.html  (zuletzt abgerufen am 18.09.2019)

Landesverband der Volkshochschulen Schleswig Holstein e.V. Kursbeginn. Planung und Vorgehen. Verfügbar unter https://vhs-sh.de/startseite/service/kursleitende/planungshilfen/kursbeginn-ende/planung-und-vorgehen.html?L=syhaoysykmg/%27A  (zuletzt abgerufen am 18.09.2019)