Haben Sie bereits Erfahrungen mit Lernwiderständen gemacht? Falls ja, sollten Ihnen die folgenden Punkte bekannt vorkommen. Durch die Pfeile im Bild können Sie nach rechts und links klicken.
Positiver und negativer Lernbegriff
Der Lernbegriff im Alltagssprachgebrauch ist vielschichtig bis widersprüchlich. Auf der einen Seite ist der Begriff positiv besetzt: Besonders im Erwachsenenbildungsbereich schwärmt man vom lebenslangen Lernen. Durch Lernen können wir uns in unserer Persönlichkeit entfalten. Wir lernen, indem wir uns Wissen aneignen - also zu einem Teil von uns machen. Auf der anderen Seite wird Lernen von vielen Menschen als Zumutung gesehen. Das persönlich als unsinnig empfundene Wissen wird mit Druck eingetrichtert und darüber schwebt oftmals die Angst, nicht genügend zu lernen oder zu wissen und so vor anderen zu versagen.
Kein Wunder also, dass schnell Widerstand gegenüber dem Lernen aufkommt, wenn der Lernbegriff negativ besetzt ist. Aber nicht nur die eigene Einstellung, auch ganz profane Kleinigkeiten (zum Beispiel Lärm außerhalb des Kursraumes, Kopfschmerzen oder schlechtes Licht) können einen Lernprozess stören, für den Moment negativ beeinflussen und dadurch zu Lernwiderständen führen.
Persönliche Sinnhaftigkeit des Lernens
Menschen lernen gerne und effektiv, wenn sie mit dem Lernstoff eigene Interessen verbinden oder aber zumindest eine Sinnhaftigkeit darin erkennen. Umgekehrt kann man sagen, wenn Menschen keine persönlichen Bezüge zum Lernstoff herstellen können und zudem noch die Sinnhaftigkeit des Lernens in Frage stellen, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Widerwille gegen den Inhalt und das Lernen entwickeln.
Lernwiderstände werden als Störfaktoren eines gelingenden Vermittlungsprozesses bezeichnet. Das ist eine klar negative Formulierung. Wenn aber ein Missverhältnis herrscht zwischen dem Sinn, der in einem Lernprozess gesehen wird, der Anstrengung, die man aufbringen muss, um das Lernziel zu erreichen und dem, was möglicherweise dabei herauskommt, ist ein Widerstand gegenüber dem Lernen mitunter verständlich und berechtigt.
Lernwiderstände können auch zu Lernchancen werden
Ein Widerstand kann den eigenen Lernprozess still behindern oder blockieren, sich aber auch nach außen richten, Kursleitung und Lerngruppe beeinflussen und bis hin zum Fernbleiben an Bildungsangeboten führen. Es gibt im Lernprozess gute Gründe, nicht lernen zu können oder zu wollen. So sind Lernwiderstände oftmals nicht nur verständlich, sondern auch begründbar und berechtigt. Damit sind Lernwiderstände auch nicht zu verwechseln mit Störungen, persönlichen Defiziten oder Unfähigkeit. Da aus Lernwiderständen aber schwerwiegende Störungen entstehen können, dürfen sie niemals ignoriert werden.
Aus diesem Grund sollten Sie als Kursleitende nicht versuchen, Lernwiderstände als Unwilligkeit Ihrer Lernenden zu sehen und zu „bekämpfen“. Damit nehmen Sie sich die Möglichkeit, die Situation zu verbessern. Sind Widerstände berechtigt, können diese wiederum konstruktiv zum Lerngeschehen beitragen. Fehlt einer Teilnehmerin zum Beispiel wichtiges Vorwissen, kann sie Ihrem Kurs nicht richtig folgen und baut möglicherweise einen Lernwiderstand aufgrund von Überforderung auf. Erkennen Sie ihr Problem und können ihr mit kleinen Hilfestellungen den Anschluss an den Kurs ermöglichen, kann die Teilnehmerin ihre Möglichkeiten entfalten und Ihren Kurs wertvoll bereichern.
Lernwiderstände für den Beziehungsaufbau
Oftmals braucht es eine sensible Beobachtungsgabe der Kursleitung, Lernwiderstände als solche überhaupt wahrzunehmen. Wird ein Lernwiderstand aber wahrgenommen, entsteht ein persönlicher Kontakt zum betroffenen Kursmitglied, zur restlichen Kursgruppe und zu sich selbst. Werden Lernwiderstände zum Anlass genommen, andere Meinungen, Arbeitsansätze und Erfahrungsberichte in den Kurs zu integrieren, fühlen sich sowohl die widerständigen als auch die übrigen Kursmitglieder als Menschen und Individuen wahrgenommen und erweitern im besten Fall ihren Blickwinkel und Toleranzbereich.