Was ist Beratung?

Die EU beschreibt es wie folgt:

„Vor  dem  Hintergrund  des  lebensbegleitenden  Lernens  erstreckt  sich  Beratung  auf  eine Vielzahl von Tätigkeiten, die Bürger jeden Alters in jedem Lebensabschnitt dazu befähigen, sich  Aufschluss  über  ihre  Fähigkeiten,  Kompetenzen  und  Interessen  zu  verschaffen,  Bildungs-, Ausbildungs- und Berufsentscheidungen zu treffen sowie ihren persönlichen Werdegang bei der Ausbildung, im Beruf und in anderen Situationen, in denen diese Fähigkeiten und Kompetenzen erworben und/oder eingesetzt werden, selbst in die Hand zu nehmen.“ (EU 2004, aus Katsarov et al., 2014, S. 6)

Beratung in der Erwachsenenbildung kann sehr unterschiedlich aussehen. Es können grob die folgenden Formate unterschieden werden: 

  • Lernberatung (konzentriert auf individuelle Lernschwierigkeiten), 
  • Kursberatung (es werden für die Ratsuchenden individuell passende Angebote identifiziert), 
  • Berufs-, Karriere- oder Laufbahnberatung (hierunter fallen sehr unterschiedliche Unterformate – vom klassischen, institutionellen Formen der Berufsberatung bis hin zu freiberuflichen Angeboten im Kontext der Karriere- und Laufbahnberatung). 

Gemeinsam haben alle diese Formate jedoch, dass sie sich durch bestimmte Merkmale und Qualitätsaspekte auszeichnen.

 

Das Bild zeigt einen Mann, der sich in einer Sprachschule zu den Kursen beraten lassen möchte.

Beratung auf Anfrage, Bild: Eigene Darstellung, CC BY-SA 3.0 DE

Verschiedene Merkmale von Beratung

Pick (2015) hat neun Merkmale herausgearbeitet, die zusammengenommen für Beratung notwendig vorhanden sein müssen und in der Regel zwischen zwei Polen angesetzt sind. Hierin lassen sich die verschiedenen Beratungsformate verorten.

Freiwilligkeit. Oft ist es so, dass sich Ratsuchende selbst aussuchen, von wem und wie sie beraten werden wollen. Es gibt jedoch auch "Beratungsformate, die aufgrund bestimmter Vorgaben und zumeist rechtlicher Bestimmungen einen verpflichtenden Charakter haben" (Maier-Gutheil et al. 2015, S. 66). 

Gesprächsrahmen. Beratungshandeln kann in andere Gesprächsformate eingebunden sein (zum Beispiel innerhalb einer Weiterbildung) oder explizit institutionalisiert sein (zum Beispiel als Beratung vor einem Kursbesuch). "Die Merkmale Freiwilligkeit und Gesprächsrahmen beziehen sich auf die Umstände des Zustandekommens einer Beratung" (Maier-Gutheil et al. 2015, S. 66, nach Pick, 2015, S. 72).

Problemverortung. In diesem Merkmal wird differenziert, ob eher die Person (Lernberatung) oder das Problem (die Informationsvermittlung und Aufklärung) im Zentrum der Betrachtung steht.

Expertise. Die Expertise des Beratenden umfasst Fachwissen über den Beratungsgegenstand, Prozessgestaltungswissen und Feldkompetenz in der Branche der Ratsuchenden.

Problemdefinition. Es wird unterschieden, ob die Definition des Anliegens gemeinsam erarbeitet wird oder ob die beratende Person das Problem übernimmt, wie es die ratsuchende Person benennt.

Grad der Redefinition des Problems. Beratungsformate unterscheiden sich darin, ob und wie professionelle Problemkategorien in die Problemdefinition einfließen.

Prozess. Dieses Merkmal beschreibt den Weg vom Problem zur Lösung. Dabei hängt es davon ab, ob ein bestimmtes Ziel verfolgt wird (der Beratende zeigt Handlungsalternativen entsprechend dem bevorzugten Ziel auf) oder ob die allgemeine Handlungsplanung im Vordergrund steht (der Beratende zeigt verschiedene Handlungsalternativen und Lösungen ohne Schwerpunkt).

Lösungsradius. Dieses Merkmal unterscheidet, ob die Lösung im Einflussbereich der Ratsuchenden oder der Beratenden liegt und betrifft die damit verbundenen Verantwortlichkeiten und Machtpotenziale.

Lösungsrahmen. Dieses Merkmal unterscheidet, ob die vorgeschlagene Handlungsoption auf das Beratungsgespräch beschränkt bleibt (z. B. Supervision) oder darüber hinausgeht (z. B. Gründungsberatung).

Diese Merkmale können dabei helfen, unterschiedliche Beratungsformate genauer zu beschreiben und damit klarer voneinander zu unterscheiden.

Checkliste: Aspekte einer guten Beratung

Eine gute Beratung hat immer die folgenden Aspekte im Blick:

  • den Alltag und die Lebenswelt der Ratsuchenden als Rahmen der beratenden Interaktion,
  • die Ressourcen, das Netzwerk und Kompetenzen der Ratsuchenden (in der Analyse und Lösung von Problemen),
  • den Kontext der Anfrage (im Hinblick auf soziale, materielle, institutionelle und kulturelle Bedingungen),
  • die Nachhaltigkeit der Beratung (als langfristige Sicherung von Veränderungen, individuell wie organisatorisch),
  • Handlungs-, Praxis- und Lösungsorientierung (unter Einbeziehung von Methoden reflektierender und problemlösender Gesprächsführung von Moderation) und
  • Empowerment (als Wiedergewinnung aktiver Handlungsfähigkeit für die eigene Lebens- und Arbeitssituation)

Referenzen

EU ‒ Rat der Europäischen Union (Hg.) (2004). Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten über den Ausbau der Politiken, Systeme und Praktiken auf dem Gebiet der lebensbegleitenden Beratung in Europa. Doc 9286/04. Brüssel.

Katsarov, J.; Schiersmann, C.; Schmidtpott, S.; Schober, K.; Weber , P. (2014). Professionell beraten:  Qualitätsstandards für die Beratung in Bildung,  Beruf und Beschäftigung. Nationales Forum Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung e.V. (nfb), Forschungsgruppe Beratungsqualität am Institut für Bildungswissenschaft  der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg

Knoll, J. (2008). Lern- und Bildungsberatung, Professionell beraten in der Weiterbildung. Bielefeld: wbv Media.

Maier-Gutheil, C.; Nierobisch, K. (2015). Beratungswissen für die Erwachsenenbildung. Bielefeld: wbv Media.

Pick, I. (2015). Das anwaltliche Mandantengespräch. Linguistische Ergebnisse zum sprachlichen Handeln von Anwalt und Mandant. Frankfurt a. M. Peter Lang.

Pick, I., & Maier-Gutheil, C. (2015). Gesprächsanalytische Ansätze. In: W. Gieseke, & D. Nittel (Hrsg.), Pädagogische Beratung über die Lebensspanne. Ein Handbuch. Weinheim, München: Beltz Juventa.

Schiersmann, C. (2011). Bildungs- und Berufsberatung neu denken. In: Hammerer, M.; Kanelutti, E.; Melter, I. (Hrsg.). Zukunftsfeld Bildungs- und Berufsberatung – Neue Entwicklungen aus Wissenschaft und Praxis (S. 81-98). Bielfeld: W. Bertelsmann Verlag, Bielefeld.