Wird Beratung als eine aktivierende, ressourcenorientierte, autonomiewahrende und reflexive Tätigkeit angesehen (McLeod, 2004), setzt diese spezifische Kompetenzen voraus, die in dem heterogenen Arbeitsfeld von Lehrenden an unterschiedlichen Stellen erwartet werden. Beratung erfordert eine komplexe Übersetzungsleistung von wissenschaftlichem Wissen beziehungsweise einem durch wissenschaftliches Wissen gestützte, stellvertretende Deutung (Ist etwas wahr oder falsch?) in die lebensweltliche Praxis beziehungsweise in konkrete Fragen der Krisenbewältigung (Was ist angemessen oder unangemessen?) (Dewe und Schwarz 2011; Schwarz et al. 2014; Oevermann, 2009).

Was ist eigentlich Beratungskompetenz?

Beratungskompetenz meint eine umfassende Handlungsbefähigung, die Fachkräfte besitzen müssen, um gelingende Beratungen durchzuführen. Hierfür müssen sich Beratende in komplexe Probleme, zu deren Lösung ihre Beratungsdienstleistung beitragen soll, hineindenken und diese Probleme gemeinsam mit den Ratsuchenden bearbeiten. Dieses Handeln wird in der Performanz beobachtbar.

Dies bedarf eines gegenstandsspezifischen, methodischen Wissens und Fertigkeiten. Außerdem müssen relevante emotionale, motivationale und volitionale (Volition ist die Fähigkeit, Wünsche, Absichten, Motive oder Ziele in gezielte Handlungen umzusetzen) Aspekte situationsangemessen einbezogen werden.

Der Erwerb und die Aktualisierung von Beratungskompetenz ist demnach ein reflexives und kreatives Geschehen, das notwendig ist, um mit unterschiedlichen, unvorhersehbaren Beratungssituationen umzugehen (vgl. Argyris/Schön 2006).

Auf Basis des systemischen Verständnisses von Beratung des Nationalen Forum Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung e.V. gibt es vier Gruppen für Beratungskompetenzen: systemumfassende, prozessbezogene, organisationsbezogene und gesellschaftsbezogene Kompetenzen.

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Beratungskompetenzen, Bild: Eigene Darstellung,  CC BY-SA 3.0 DE

 

Wie entwickelt sich Beratungskompetenz?

Die Entwicklung von Beratungskompetenzen benötigt neben der Aneignung von entsprechendem Wissen geeignete Rahmenbedingungen und Anregungen, um den Aufbau von Beratungskompetenz durch Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion zu fördern.

Durch eine Wissensbasis kommt es dann zur zunehmend rekursiven Bezugnahme von Wissen und Können in der Beratungspraxis. Andersherum verändert die Zunahme an Können die Wissensbasis in spezifischer Weise, bis schließlich bei Erreichen beraterischer Expertise eine weitgehend implizite Form von Wissen und Können vorhanden ist.

Nicht zuletzt sind es dann auch die Rahmenbedingungen in der Praxis, die die nachhaltige Entwicklung von Beratungskompetenz fördern oder mitunter verhindern.

Referenzen

Albrecht, R. (2017). Beratungskompetenz in der Sozialen Arbeit –  Auf die Haltung kommt es an! In: KONTEXT 48, 1 (S. 45 – 64).  https://www.dgsf.org/service/wissensportal/beratungskompetenz-in-der-sozialen-arbeit  (Zuletzt abgerufen am 16.02.2021)

Argyris, C./Schön, D. A . (2006). Die lernende Organisation: Grundlagen, Methode, Praxis. Stuttgart : Klett-Cotta.

Dewe, B.; Schwarz, M. (2011). Beraten als professionelle Handlung und pädagogisches Phänomen, Hamburg: Verlag Dr. Kovač GmbH.

Galuske, M. (2011). Methoden der Sozialen Arbeit: Eine Einführung. Weinheim: Beltz Juventa Verlag.

Nationales Forum Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung e.V. (nfb)/Forschungsgruppe Beratungsqualität am Institut für Bildungswissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Hg.), Beratungsqualität in Bildung, Beruf und Beschäftigung. https://www.wbv.de/artikel/104-082w001 (Zuletzt abgerufen am 18.02.2021).

Oevermann, U. (2009). Die Problematik der Strukturlogik des Arbeitsbündnisses und der Dynamik von Übertragung und Gegenübertragung in einer professionalisierten Praxis von Sozialarbeit. In: R. Becker-Lenz, S. Busse, G. Ehlert, & S. Müller (Hrsg.), Professionalität in der Sozialen Arbeit (2. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Pauls, H.; Reicherts, M. (2013). Allgemeine Basiskompetenzen für sozialtherapeutische Beratung – ein Konzept zur Systematisierung. In: Pauls, H.; Stockmann, P.; Reicherts, M. (Hg.), Beratungskompetenzen für die psychosoziale Fallarbeit (S. 57-78). Freiburg i.Br.: Lambertus-Verlag.

Schwarz, J.; Berghöfer, A.; Brückner, B.; Birker, T.; Stöckigt, B. (2014). Psychosoziale Beratung in einem gemeindepsychiatrischen Zentrum – eine qualitative Studie über die Erfahrungen der Nutzer. Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.

Sickendiek, U.; Engel, F.; Nestmann, F. (2011). Beratung: Eine Einführung in sozialpädagogische und psychosoziale Beratungsansätze. Weinheim: Beltz Juventa Verlag.

Weinhardt, M. (Hrsg.) (2015). Psychosoziale Beratungskompetenz Pilotstudien aus der Arbeitsstelle für Beratungsforschung. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.