Das Bild zeigt die Kommunikationstrainern Marlene Braun.

In dem Rhetorik-Kurs von Marlene Braun möchten die Teilnehmenden lernen, wie man eine Rede oder Präsentation professionell aufbaut und dabei sicher und überzeugend auftritt. Um noch konkreter auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kursmitglieds eingehen zu können, hat sich die Trainerin in der Einstiegsphase des Seminars mit den Erwartungen und Zielen der Gruppe auseinandergesetzt. Darüber hinaus hat sie ihnen im Vorfeld als Vorbereitung für das Seminar den Auftrag erteilt, einen Vortrag zu erstellen. Ziel war es, den Stärken und Schwächen jeder und jedes Einzelnen auf den Grund zu gehen und durch Feedbackschleifen Verbesserungsstrategien auszuarbeiten.

Die darauffolgenden Lerneinheiten hat sie der Vermittlung theoretischer Grundlagen, handlungsorientierten Wissens sowie Praxisbeispielen gewidmet. Nun sollen die Teilnehmenden das Gelernte in einem weiteren Vortrag üben und anwenden.

Das Erlernte anwenden und üben

Nachdem die Lerninhalte vermittelt wurden, ist es wichtig, dass die Lernenden die Gelegenheit bekommen, das Gelernte zu üben. Dabei sollten die verschiedenen Lerntypen berücksichtigt werden und jedes Kursmitglied auch wirklich als aktiver Part in den Lernprozess mit einbezogen werden, denn auch wenn sich die meisten Lernenden in der Position des stillen Beobachters bzw. der stillen Beobachterin sehr bequem fühlen, lassen sie sich dadurch Chancen entgehen, ihre Fähigkeiten auszubauen. Auch ist es empfehlenswert, Aufgaben mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden anzubieten, um den verschiedenen Kompetenzniveaus der Teilnehmenden gerecht zu werden. Für die Gestaltung der Lernumgebung bieten sich die folgenden von den Transferexperten Frieling und Sonntag empfohlenen Prinzipien an:

Klicken Sie auf die Fragezeichen im Bild, um sich nähere Informationen zu den fünf Prinzipien anzeigen zu lassen.

 

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Prinzipien für einen erfolgreichen Transfer nach Frieling und Sonntag, 1999, S. 189, Bild: Eigene Darstellung

 

Hierbei ist hervorzuheben, dass das Seminar von Interessierten besucht wird, die sich in ihrem Arbeitsalltag mit sehr unterschiedlichen Anwendungssituationen konfrontiert sehen. Die anzuwendenden Inhalte können zwar in der Arbeitssituation eingeübt werden, die Situation im Seminarraum unterscheidet sich aber trotzdem  wesentlich von der realen Arbeitssituation. Daher sollte die Lehrperson darauf achten, den Teilnehmenden nicht nur inhaltliche und strukturelle Anleitungen zu geben, sondern die Anwendungssituation gemeinsam mit der Gruppe aus verschiedenen Perspektiven und in verschiedenen Kontexten beleuchten. Diese kognitionspsychologische Lernform wird in der Forschung als besonders transferfördernd erachtet, wie die Transferforscherin Dorothea Kunze erklärt.

Das Bild zeigt die Kommunikationstrainerin Marlene Braun.

Marlene Braun kennt die Situation: Die Lernenden fühlen sich im Lernfeld sicher, nach einer kurzen Eingewöhnungsphase und durch das Wiederholen der Vorträge fällt es ihnen immer leichter vor der Gruppe frei zu sprechen. Im Seminarraum herrschen eine angenehme, entspannte Arbeitsatmosphäre und eine positive Fehlerkultur. Fehler werden als Entwicklungsmöglichkeiten anerkannt und sind daher willkommen. Kehren die Lernenden jedoch aus diesem geschützten Raum an ihren Arbeitsplatz zurück, wo sie Druck verspüren oder sich bestimmten Herausforderungen stellen müssen, ist es gut möglich, dass sie das Erlernte schnell wieder vergessen. Daher stellt die Kommunikationsexpertin die Teilnehmenden vor kontextbezogene und situationsbedingte Problemstellungen und erarbeitet gemeinsam mit ihnen passende Lösungsansätze. Sie fordert sie also dazu auf, selbst aktiv zu werden und konkrete Probleme aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

 

Das Bild zeigt, wie eine Teilnehmerin sich Gedanken zu kontextbezogenen Problemstellungen macht.

Kontextbezogene Problemstellungen, Bild: Eigene Darstellung

Feedback

Auch dem Feedback wird eine besondere Bedeutung für den Transfererfolg beigemessen, denn es hat eine positive Wirkung, wenn die Lernenden am Arbeitsplatz von ihren Vorgesetzten und von  ihrem Kollegenkreis Rückmeldung bezüglich ihrer Kompetenzerweiterung erhalten oder wenn Kollegen und Kolleginnen sie zum Beispiel nach Tipps fragen. Feedbackrunden sollten aber in jedem Fall auch Bestandteil des Seminars sein, wie die Lerntransfer-Expertin Ulrike Karg erklärt: „weil in einem Seminar, anders als im organisationalen Kontext, neues Verhalten erprobt und unmittelbar reflektiert werden kann; dadurch kann zudem die Selbstwirksamkeitsüberzeugung positiv beeinflusst werden“.

Die folgenden Beispiele zeigen, wie sich die Lernenden durch das individuelle Vortragen vor der Gruppe und das darauffolgende Feedback der Trainerin und der anderen Teilnehmenden  ihre eigenen Stärken vor Augen führen und gezielt an ihren Baustellen arbeiten können.

 

Das Bild zeigt den Seminarteilnehmer Mark Hofmann während seines Vortrags.

Mark Hofmann, Bild: Eigene  Darstellung

 

Mark Hofmann ist klargeworden, dass er beim Vortragen mehr aus sich herausgehen muss und vor allem an seinem Ausdruck arbeiten muss, da dieser zu sehr von den zu vermittelnden Inhalten ablenkt. Er nuschelt und neigt dazu Füllwörter zu benutzen, wenn er nervös ist. Er spricht dann viel schneller als gewohnt, merkt dies selbst aber gar nicht.

 

Das Bild zeigt die Seminarteilnehmerin Clara Brinkmann während ihres Vortrags.

Clara Brinkmann, Bild: Eigene Darstellung

 

Clara Brinkmann ist sehr wortgewandt und durch ihre offene und selbstsichere Art fällt es ihr leicht, die Aufmerksamkeit des Publikums aufrechtzuerhalten. Sie schweift jedoch schnell vom Thema ab und verliert den Fokus, so dass die wirklich wichtigen Punkte ihres Vortrags nicht zur Geltung kommen. Die Rückmeldungen der Gruppe und der Trainerin helfen ihr, sich während des Vortrags zu fokussieren.

 

Das Bild zeigt den Seminarteilnehmer Martin Lobato während seines Vortrags.

Martin Lobato, Bild: Eigene Darstellung

Martin Lobato besitzt die Fähigkeit, die wichtigen Inhalte auf den Punkt zu bringen. Er hat eine gute Vorarbeit geleistet. Sein Vortrag ist sehr klar strukturiert. Es hat sich jedoch herauskristallisiert, dass ihm seine Konzentrationsschwierigkeiten im Weg stehen. Es fällt ihm schwer, frei, ohne abzulesen vor einem Publikum zu reden.

 

Auch das zusätzliche Videofeedback hilft den Lernenden, sich ihrer Außenwirkung bewusst zu werden und diese zu optimieren, da diese oft nicht mit der Eigenwahrnehmung übereinstimmt. Sie empfinden es dabei nicht nur als hilfreich, selbst vor der Gruppe zu referieren und sich mit ihrer eigenen Kompetenzerweiterung auseinanderzusetzen, sondern auch den anderen Vortragenden zuzuhören und als Beobachtende ihr Augenmerk darauf zu richten, welche Strategien gut funktionieren und welche eher weniger gut.

 

Das Bild zeigt den Seminarteilnehmer Mark Hofmann während seinem Vortrag.

Individuelles Vortragen vor der Gruppe, Bild: Eigene Darstellung


Referenzen

Frieling, E., & Sonntag, K. (1999). Lehrbuch Arbeitspsychologie. Bern: Huber, hier S. 189,  zitiert in Karg, 2006, S. 91.

Karg, U. (2006). Betriebliche Weiterbildung und Lerntransfer. Einflussfaktoren auf den Lerntransfer im organisationalen Kontext. Bielefeld: B. Bertelsmann Verlag, hier S. 92.

Kunze, D. (2003). Lerntransfer im Kontext einer personenzentriert-systemischen Erwachsenenbildung. Wie Wissen zum (nicht) veränderten Handeln führt. Köln: GwG-Verlag, hier S. 27.