Das Bild zeigt den Teilnehmenden aus dem Fallbeispiel.

    Teilnehmender Dirk Peters

Dirk Peters hat sich für den Kurs zum Thema Arbeitsplatzmanagement angemeldet. Er wechselt bei seinem Arbeitgeber die Stelle und möchte sich weiterbilden, um den neuen Anforderungen noch besser gerecht werden zu können. Da er abends lange arbeitet, freut er sich, dass er keinen langen Weg zum Kurs hat. Er freut sich darauf, Neues zu lernen und hofft auf eine nette Lerngruppe, wo er vielleicht außerdem noch neue Leute kennen lernen kann.

Das Bild zeigt die Teilnehmende aus dem Fallbeispiel.

    Teilnehmende Julia Meier

Julia Meier will sich in ihrem Job weiterbilden. Dazu hat sie sich für einen Kurs zum Thema Arbeitsplatzmanagement angemeldet. Morgen geht es los. Die Bürokauffrau hofft, dass sie sich für den richtigen Kurs entschieden hat und sie dort Dinge lernt, die sie bei ihrer Arbeit weiterbringen und die sie direkt anwenden kann. Auf der anderen Seite hofft sie aber auch, dass die Gruppe und der Trainer nett sind, dass sie sich im Kurs wohl fühlt, man sich gegenseitig unterstützt und sich austauschen kann. In dem Englisch-Kurs, den sie vor einigen Jahren besucht hat, war das leider nicht der Fall. Viele kamen ständig zu spät und innerhalb der Gruppe taten sich einige dadurch hervor, dass sie den Kurs vermeintlich gar nicht brauchten. Zum Schluss ist Julia Meier nicht mehr hingegangen, weil sie sich nicht getraut hat, etwas zu sagen. Deshalb erhofft sie sich diesmal, dass sie direkt in der ersten Stunde erfährt, ob der Kurs inhaltlich auch tatsächlich zu ihren Erwartungen passt, und dass sie sich wohl fühlt. Außerdem hofft sie, dass es klare Regelungen zu den Kurszeiten und Pausen gibt. 

Jede/r Teilnehmende macht sich vor Kursbeginn ein bewusstes oder unbewusstes Bild vom zukünftigen Kurs und den anderen Teilnehmenden. Hierbei handelt es sich aber zunächst um Vermutungen, Phantasien und vorherige Erfahrungen. Der Pädagoge Karlheinz Geißler beschreibt es so: „Gemeinsam ist den Beteiligten, dass sie (noch) nichts gemeinsam haben.“

Diese „gemeinsame Fremdheit“ erzeugt Unsicherheit. Das Noch-nicht-Wissen führt zu einer Grundstimmung, die zu Beginn jeder Weiterbildung ähnlich ist. Und zwar unabhängig davon, wie viele Anfangssituationen man bereits erlebt hat und wie gut man sich vorbereitet hat.

Fragen der Lernenden zu Beginn

Die Teilnehmenden erwarten ganz am Anfang noch keine fachliche oder inhaltliche Leitung. Sie brauchen stattdessen ganz unabhängig von Thema und Art der Veranstaltung zunächst einmal Strukturen und Orientierungsangebote, um die Situation durchschaubarer zu machen und damit bei allen Beteiligten die Unsicherheiten zu vermindern.

Lehrende müssen sich vor Beginn einer Weiterbildung darüber im Klaren sein, dass am Anfang nicht nur bei ihnen selbst Unsicherheit vorhanden ist, sondern auch bei den Teilnehmenden. 

Checkliste

Fragen, die bei den Teilnehmenden bewusst oder unbewusst im Vordergrund stehen:
 

  • Wie verhält „man“ sich hier?
  • Werden meine Erwartungen und Wünsche akzeptiert und erfüllt?
  • Was wird von mir an Wissen und Verhalten gefordert?
  • Werde ich respektiert und nicht bloßgestellt?
  • Was darf ich hier, was nicht?
  • Was macht die Lehrperson aus, wie sieht sie ihre Rolle?

Die Antworten darauf können ausschließlich die Lehrenden geben. Von ihnen wird erwartet, dass sie im Zuge des Einstiegs den Rahmen des Kurses abstecken und den Teilnehmenden Orientierung bieten. Denn erst, wenn diese Aspekte und Fragen geklärt und die Unsicherheiten abgebaut sind, ist sinnvolles Lernen möglich.

Was passiert, wenn Orientierung fehlt?

Fehlt den Lernenden wichtige Orientierung, so werden diese Lücken aufgefüllt. Die Lernenden versuchen, die Situation für sich zu vereinfachen und greifen auf Erfahrungen zurück. So werden zum Beispiel die anderen Teilnehmenden typisiert. Solche, die sich inhaltlich beteiligen und Fragen stellen, gelten schnell als vorlaut oder besserwisserisch, Lernende, die sich zunächst gar nicht beteiligen, als schüchtern oder sogar dumm. Umso mehr Lücken die Teilnehmer selber füllen, desto mehr Punkte gibt es, die später gegebenenfalls für ein gelingendes gemeinsames Lernen korrigiert werden müssen.


Referenzen

Brinker, T. & Schumacher, E. (2014). Befähigen statt belehren. Neue Lehr-Lernkulturen an Hochschulen. Bern: Hep.

Geißler, K. (2016). Anfangssituationen. Was man tun und besser lassen sollte. Weinheim: Beltz.

Langmaack, B. & Braune-Krickau, M. (1998). Wie die Gruppe laufen lernt. Weinheim: Beltz.