Konflikte sind lästig. Und sie können negative Auswirkungen haben: Es geht wertvolle Zeit vom eigentlichen Lernen und den Inhalten verloren, die Motivation verringert sich, das Commitment der Gruppe sinkt und es entsteht eine größere Tendenz zur Fluktuation, es können (weitere) Machtkämpfe und Unruhe entstehen. 

Dem widerspricht der Psychologe Alexander Redlich. Er mag Streitigkeiten. Als Fachmann für Konfliktmoderation vertritt er die Ansicht, dass Konflikte nicht nur das Salz in der Suppe des Lebens sind, sondern dass es ohne sie auch keinen Fortschritt gibt. 

Konflikten etwas Positives abgewinnen

Ein Konflikt kann dazu führen, dass althergebrachte Verhaltensweise oder Abläufe infrage gestellt und bewusst reflektiert werden. Obwohl es primäres Ziel ist, die Spannungen zwischen Personen beizulegen, kommt es auch zu Veränderungen, z. B. in der Aufbau- oder Ablaufstruktur, von denen langfristig alle profitieren.  Die folgende Checkliste zeigt auf, welche  positiven  Effekte Konflikte Redlich zufolge haben können.

Welche Chancen bieten Konflikte?

  • Konflikte decken Veränderungsbedarfe auf. Konflikte können die Veränderungsbereitschaft erhöhen und Kreativität und Innovationsfähigkeit steigern.
  • Konflikte fördern die Weiterentwicklung. Konflikte sind häufig Motor von Veränderungen. Konfliktvermeidung aus Bequemlichkeit bedeutet häufig Stillstand.
  • Konflikte können dem Abbau von Spannungen dienen. Denn eine Konfliktbewältigung setzt gebundene Energie frei.
  • Konflikte helfen dabei, andere besser kennenzulernen. Auseinandersetzungen zeigen Grenzen anderer Personen auf und können Personen einander näher bringen.
  • Konflikte können ein Auslöser sein, um Grenzen zu setzen. Konflikte anzusprechen zeigt auf, wo die eigenen Grenzen sind. Dies dient letztlich auch dem gegenseitigen Kennenlernen und dem gegenseitigen Respekt.
  • Konflikte helfen, die eigenen Interessen zu wahren. Konflikte einzugehen bedeutet, die eigenen Interessen zu wahren und durchzusetzen. Es bedeutet nicht,  die Interessen anderer Personen nicht zu respektieren.
  • Konflikte dienen der Selbstreflexion und fördern das Selbstvertrauen. Konflikte bieten die Chance zur Selbstreflexion. Gelöste Konflikte können das Selbstvertrauen steigern.
  • Konflikte können dazu beitragen, Missstände zu beseitigen. Nur durch das Eingehen von Konflikten können Missstände beseitigt werden.
  • Problemlösung können verbessert werden. Nur wenn Fehler und Probleme gemeldet werden, können dafür Lösungen entwickelt werden (Fehlerkultur).
  • Konflikte dienen der Abgrenzung. Konflikte helfen bei der Entwicklung einer eigenen Identität durch Abgrenzung von Individuen und Gruppen.
  • Konflikte können damit der eigenen Gesundheit zuträglich sein. Nicht gelöste Konflikte können krank machen.

Konflikten Raum geben

Werden in Trainings und Weiterbildungen also Räume geschaffen, in denen Konflikte und ihre Bewältigung Platz haben, können diese  dazu beitragen, dass im Anschluss besser und tiefer gelernt werden kann. Das können zum Beispiel regelmäßige Feedback- oder Stimmungsrunden sein. Darüber hinaus wachsen die Teilnehmenden und auch die Lehrenden in ihrer eigenen Persönlichkeit. 

Alexander Redlich hat in seiner praktischen Arbeit und Lehrtätigkeit systematisch   nachgefragt, welche Eigenschaften sich Teilnehmende von einer Trainerin oder einem Trainer  wünschen. Beschrieben wurde meist eine souveräne Persönlichkeit, die emotional stabil, strukturierend und emphatisch ist, aufmerksam zuhört und Differenzen gut ausgleichen kann. 

 In der folgenden Grafik können Sie sich Informationen zu den verschiedenen Aspekte anschauen, indem Sie jeweils auf die Kreuze klicken.

 

Die wichtigsten Grundkompetenzen in der Konfliktmoderation nach Redlich. Eigene Darstellung

Referenzen

 Redlich, A. (2004). Konfliktmoderation. Windmühle Verlag: Hamburg.