Motivationstheorien  werden dann praxisrelevant, wenn die grundlegenden Annahmen für die Gestaltung von Lehr-Lernprozessen fruchtbar gemacht werden können. 

Aus den theoretischen Annahmen zur Leistungsmotivation lassen sich Anregungen zur Gestaltung von Lehr-Lernsituationen ableiten.

Erwartung-mal-Wert-Theorie

Die Erwartung-mal-Wert-Theorie gibt Aufschluss darüber, wie die Handlungsabsicht Lernender zustande kommt. So hängt das Lernverhalten einerseits von der Einschätzung der subjektiven Erwartung der aus dem Lernverhalten resultierenden Folgen und andererseits dem subjektiven Wert der Verhaltensfolgen ab. Ein hoher Wert kann dabei geringe Erfolgsaussichten kompensieren, hohe Erfolgsaussichten können einen geringen Wert positiv beeinflussen.

 

Handlung und ihr Ergebnis, Bild:  iStock.com, Dilok Klaisataporn, nicht

 unter freier Lizenz

 

Für die Gestaltung von Lernangeboten bedeutet dies, dass Lehrende an zwei „Stellschrauben“ ansetzen können:

1.      Ansatz an den Handlungs-Ergebnis-Erwartungen 

Er zielt auf eine Steigerung des subjektiven Werts einer Lernhandlung. Dabei sollte den Lernenden vermittelt werden, dass sie durch ihr Handeln bedeutsame Ergebnisse erreichen können. 

Das Erleben eigener Wirksamkeit kann in der Weiterbildung beispielsweise dann gefördert werden, wenn Lehrende bei der Bewertung von Leistungen die individuelle Bezugsnorm verwenden, also bei der Leistungsbewertung die Veränderung zu bisher erbrachten Leistungen aufzeigen. In das Feedback einfließen können auch die Ziele, die Lernende verfolgen, wenn sie sich in der Weiterbildung engagieren. 

2.      Ansatz an der Ergebnis-Folge-Erwartung 

Er fokussiert auf den Zweck und die Konsequenzen des Handelns, also die Frage mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis eine bestimmte Folge nach sich zieht. 

Während als Folgen des Lernens unter einer Transferperspektive eher Konsequenzen im Lebens- und Arbeitsalltag der Lernenden gemeint sind, können in Weiterbildungskursen externe Lernanreize wie Feedback oder Bewertungen Ansporn für eine bestimmte Lernleistung sein. Eine differenzierte Rückmeldung kann die Erfolgszuversicht Lernender dahingehend fördern, dass diese (nach und nach) einschätzen lernen, welcher Lerneinsatz sie wozu führen kann.


 Die in der Theorie zum Selbstkonzept bzw. der Kausalattribution enthaltenen Annahmen zur Erfolgsorientierung und Ursachenzuschreibung für Lernerfolg  verweisen auf inhaltliche und soziale Aspekte des Lernens, an denen Lehrende ansetzen können:
 

Inhaltliche Aspekte – Aufgabenorientierung
 

Aufgabenorientierung, Bild:  iStock.com, Christian Horz, nicht unter freier Lizenz


Zur Förderung der Leistungsmotivation trägt es bei, die Lernumgebung so zu gestalten bzw. Aufgaben so zu wählen, dass Lernen als angenehme Tätigkeit empfunden wird, die auf den eigenen Fähigkeiten beruht und zu individuellen Lernerfolgen führt. Dazu bedarf es eines differenzierten Angebots, das unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Lernverläufe berücksichtigt und eine sukzessive Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Lernenden unterstützt.

Die Motivation begünstigen kann es dabei auch, den Lernenden zu ermöglichen, sich selbst Ziele zu setzen bzw. selbst Aufgaben zu wählen.

 

Soziale Aspekte – Selbstdarstellungsorientierung
 

Selbstdarstellungsorientierung, Bild: iStock.com, Worawut Prasuwan, nicht

unter freier Lizenz

 

    Eine weitere Möglichkeit Leistungsmotivation zu fördern, besteht darin, das Lernklima möglichst positiv zu gestalten. Grundsätzlich soll dabei das emotionale Erleben in der Lerngruppe günstig beeinflusst werden. Die Schaffung einer angstfreien Lernumgebung kann durch ein transparentes und begründetes Vorgehen sowie die Regelung des sozialen Miteinanders erfolgen. Eine Selbstdarstellung der einzelnen Lernenden und Demonstration ihrer Fähigkeiten kann aber auch durch eine Abhebung von und Behauptung gegenüber anderen erfolgen, was über spielerische Elemente und Aufgaben mit Wettbewerbscharakter erreicht werden kann.

 

Über eine Berücksichtigung der genannten theoretischen Aspekte können Leistungsanreize geschaffen werden, die das Bestreben zu lernen und das Durchhaltevermögen der Lernenden positiv begünstigen.


Referenzen

Siebert, H. (2006). Lernmotivation und Bildungsbeteiligung. Studientexte für Erwachsenenbildung. Bielefeld: Bertelsmann.

Weiner, B. (1994). Motivationspsychologie. Weinheim: Beltz.