Teilnehmerorientierung bedeutet zum einen, die Gruppe und ihre Dynamik im Blick zu haben, gemeinsames Lernen zu fördern und gegebenenfalls einen Konsens zu finden. Zum anderen bedeutet sie aber auch, einzelne Lernende innerhalb der Gruppe im Blick zu haben und deren Lernen zu fördern.

Berücksichtigen Lehrende die einzelnen Teilnehmenden mit ihren individuellen Vorerfahrungen, Motiven, Stärken und Schwächen, so spricht man von „individualisierter oder individualisierender Lehre“.  

Sie können sich im Folgenden den Unterschied zwischen Differenzierung und Individualisierung anschauen, indem Sie durch die Pfeile im Bild nach rechts und links klicken.

 

Differenzierung und Individualisierung, Bilder: Eigene Darstellung

Was bedeutet  individualisiertes Lehren und Fördern ?

Eckerts (2008) Definition bezieht sich auf das Lernen und Lehren in der Schule, jedoch lässt sich die Beschreibung auch auf die Erwachsenenbildung übertragen. Sie schreibt: „Individuelles Fördern heißt, […] jedem […] die Chance zu geben, ihr bzw. sein motorisches, intellektuelles, emotionales und soziales Potential umfassend zu entwickeln und sie bzw. ihn dabei durch geeignete Maßnahmen zu unterstützen (durch die Gewährleistung ausreichender Lernzeit, durch spezifische Fördermethoden, durch angepasste Lehrmittel […]“(Eckert 2008, S. 97).

Individualisiertes Lernen in der Erwachsenenbildung

Individualisiertes Lehren und Lernen lässt sich nicht in allen Weiterbildungen und Weiterbildungssettings in gleichem Maße und gleicher Weise umsetzen. Individualisiertes Lernen wird jedoch umso wichtiger, je heterogener die Lerngruppe ist. Hubertus (2010) schreibt dazu: „Je größer die Heterogenität, desto schwieriger ist die Teilnehmerorientierung – und desto wichtiger ist sie.“

Lehrende stehen vor der Herausforderung, Gleichheit und Unterschiede in Einklang zu bringen. Oft ist es ratsam, zu Kursbeginn den Fokus auf Gemeinsamkeiten und gemeinsames Lernen zu legen, um die Gruppenintegration zu fördern und den Erwartungen der Lernenden gerecht zu werden.

Für individualisiertes Lernen sind folgende weitere Voraussetzungen wichtig (nach Aschemann 2011):

  • Selektion spielt keine oder eine geringe Rolle.
  • Es ist akzeptabel, wenn kein gemeinsames Minimal-Leistungsniveau erreicht wird.
  • Die Lernenden können über längere Zeit selbständig arbeiten.
  • Die Lehrperson hat die Kompetenz, Teilnehmende unterschiedlich zu fördern oder fordern.
  • Die Kursanbieter stellen entsprechende Rahmenbedingungen bereit.

Es gibt keine einheitliche Methode, mit der sich individualisiertes Lernen realisieren lässt. Jedoch gibt es ein paar Faktoren, die bei der Individualisierung in der Weiterbildung eine Rolle spielen können:

 

Das Bild zeigt eine Dozentin und drei Faktoren, die bei der Individualisierung in der Weiterbildung eine Rolle spielen.

Individualisierung in der Weiterbildung: Faktoren, Bild: Eigene Darstellung

 

Realisierung von individualisierter Lehre

Folgende Punkte zur Realisierung von individualisierter Lehre können  bei den Überlegungen hilfreich sein:

Systemisch:

  • Kleingruppen- und Einzelarbeiten

Materiell: 

  • Auf die Ziele der Teilnehmenden zugeschnittene Materialien

Methodisch/Didaktisch: 

  • Ermöglichung von offenem, selbständigen Lernen
  • Kompetenzorientierung
  • Lebensnahe Aufgabenstellungen und Übungen

Referenzen:

Aschemann, B. (2011). Vierzig Wege der Binnendifferenzierung  für heterogene LernerInnen-Gruppen.  Graz: Frauenservice Graz.

Eckert, E. (2008). Individuelles Fördern. In: Meyer, H., Was ist guter Unterricht?. Berlin: CornelsenScriptor.

Freiling, E., Biloa Onana, M. & Sonntag, I. (2010). Binnendifferenzierung: gezielt und wohldosiert. Alpha-Forum 2010 (74), S. 25-27.

Hubertus, P. (2010). Teilnehmerorientierung und das Verhältnis von Lehren und Lernen.  Alpha-Forum 2010 (74), S. 38-40.