Birgit Binte-Wingen leitet die Freiwilligenagentur für den Rhein-Sieg-Kreis, eine Einrichtung des Evangelischen Zentrums für Diakonie und Bildung in Siegburg. Sie beantwortet in diesem Lernschritt ein paar Fragen zu gelingender Freiwilligenarbeit. Das Interview führte wb-web im Jahr 2016.
Quelle des Lernschritts: wb-web (2016). Das Ehrenamt: Freiwilligenarbeit will gelernt sein. Verfügbar über https://wb-web.de/aktuelles/das-ehrenamt-freiwilligenarbeit-will-gelernt-sein.html (Stand: 05.05.2020) - CC BY SA 3.0 DE

Zwei einfache aber vielsagende Beispiele:

– Ein Freiwilliger organisiert für ein Kind aus einer Flüchtlingsfamilie eine Mitgliedschaft im ortsansässigen Sportverein, aber das Kind möchte lieber Geige spielen. Die Familie zeigt sich aus Höflichkeit dankbar für das Engagement, aber das Unverständnis und die Enttäuschung aufseiten des Freiwilligen ist da, weil das Kind nicht zum Training erscheint.

– Ein junger, gut ausgebildeter Flüchtling mit einem abgeschlossenen Ingenieursstudium und drei Sprachen sprechend, bedankt sich für alles, was ein Freiwilliger für ihn organisiert. Der junge Mann entzieht sich aber mehr und mehr den Begegnungen mit dem Freiwilligen, was bei diesem wiederum auf Unverständnis stößt. Nach einiger Zeit jedoch wird deutlich, dass der junge Mann seine Angelegenheiten gerne selber regeln möchte und nur wenig Unterstützung braucht.

wb-web: Was war ihr schönstes Erlebnis?

Binte-Wingen: Oh, das sind so viele in diesem Zusammenhang, dass es dieses Interview sprengen würde. Es macht mir und meinen Kolleginnen immer sehr viel Freude zu sehen, wie viel Glück, Zufriedenheit und „gutes Gefühl“ wir in den Gesichtern der Menschen sehen, die wir zusammenbringen konnten. Zum Beispiel vor ein paar Tagen:

Ein pensionierter Lehrer gibt seit Kurzem in unseren Räumen einem jungen Mann aus Syrien und einem Familienvater aus dem Irak täglich für drei Stunden Deutschunterricht. Beides sind gut ausgebildete Männer mit einem abgeschlossenen Studium und Berufserfahrungen. Aus dieser Zusammenarbeit ist ein enges Vertrauensverhältnis entstanden. Der Lehrer kümmert sich nun auch darum, dass einer der beiden nicht nur eine Matratze als Mobiliar in seinem Zimmer hat und der andere ein Fahrrad bekommt. Vor ein paar Tagen kam dann einer der beiden jungen Männer und sprach mit einem strahlenden Gesicht, zwar noch ein wenig holprig, auf Deutsch: „Der Lehrer ist toll!“ Es ist einfach nur schön, wenn alle drei sich nach getaner Arbeit mit einem Lächeln verabschieden.

wb-web: Wo gibt es Informationen, wenn man sich für ein Ehrenamt für Flüchtlingshilfe interessiert?

Binte-Wingen: Einfach mal nachfragen in den ortsansässigen Freiwilligen-Agenturen, Freiwilligen-Börsen, Freiwilligen Zentren (bundesweit zu finden auf der Seite der Bagfa: www.bagfa.de). Oder bei den evangelischen und katholischen Kirchen sowie bei den Städten und Gemeinden.