In manchen Weiterbildungen  haben es Lehrende mit Teilnehmenden mit sehr unterschiedlichen Vorkenntnissen, Interessen und Lernzielen oder Lernvorlieben zu tun. Nicht in allen Settings muss oder kann auf Unterschiede spezifisch eingegangen werden. Wo dies jedoch erfolgt, spricht man von einer Binnendifferenzierung. Doch was ist das genau, wofür ist Binnendifferenzierung gut und welche Rahmenbedingungen sind notwendig? 
Vier unterschiedlich aussehende Frauen stehen nebeneinander und sind im Profil zu sehen. Sie blicken in die gleiche Richtung.

          Verschiedene Teilnehmende, iStock.com,  CreativeDesignArt, nicht unter freier Lizenz 

Einrichtungen und Lehrende haben unterschiedliche Möglichkeiten, auf verschiedene Lernvoraussetzungen zu reagieren:  Sie können separate Kurse oder Trainings für zum Beispiel unterschiedliche  Niveaustufen anbieten (äußere Differenzierung). Oder sie können innerhalb einer Lerngruppe verschiedene Ansätze und Methoden nutzen, um mit Unterschieden umzugehen (innere Differenzierung oder Binnendifferenzierung) (vgl. Scholz, 2007).

Definition: Was ist Binnendifferenzierung? 

"Binnendifferenzierung, auch als innere oder didaktische Differenzierung bezeichnet, bezieht sich auf alle Maßnahmen zur Anpassung von Weiterbildungen innerhalb einer gemeinsam unterrichteten Gruppe von Lernenden. 

Das Ziel ist es, die individuellen Unterschiede der  Lernenden zu berücksichtigen, ohne die Gruppe dauerhaft aufzuteilen (in Anlehnung an eine Definition von Klafki und Stöcker, 1991, vgl. Demmig, 2007, S. 16f.). Bei der Binnendifferenzierung arbeiten alle Teilnehmenden an einem gemeinsamen Lernthema. Im Gegensatz dazu bezeichnet man die Bildung möglichst homogener Lerngruppen oder Kurse als Außendifferenzierung (vgl. Kaufmann, 2007)" (Aschemann et al. 2011, S.2).

Was sind die Ziele von Binnendifferenzierung?

Die wichtigsten Ziele der Binnendifferenzierung sind Chancengleichheit und die optimale Förderung aller Teilnehmenden (vgl. Aschemann et al. 2011).  Weitere Vorteile (vgl. Demmig, 2007) sind die Förderung der Autonomie und Selbständigkeit der Lernenden sowie deren Motivation und Konfliktfähigkeit. Gleichzeitig sollten die angeführten Fähigkeiten und Voraussetzungen bereits in einem ausreichenden Maß vorhanden sein, damit Binnendifferenzierung überhaupt gelingen kann.  

In der folgenden Übersicht sehen Sie  unterschiedliche Ziele, die mit einer Binnendifferenzierung verbunden sein können, indem Sie den Regler unter dem Bild verschieben.

 

Ziele der Binnendifferenzierung; Bild: Eigene Darstellung (leicht modifiziert) nach Kaufmann, 2007, S. 192, CC-BY-SA 3.0

Binnendifferenzierung folgt damit als Konzept dem Anspruch an die Qualität guten Lehrens: Chancengleichheit und optimale Förderung für alle. Sie meint explizit kein isoliertes Selbstlernen im digitalen Raum. Vielmehr geht es um die Kooperation in und mit der Gruppe.  

Binnendifferenzierung ist also eine lernendenzentrierte und kooperative Form des Lehrens und Lernens, die ein hohes Maß an Autonomie der Lernenden erreichen will und zugleich die Interaktion innerhalb einer Lerngruppe fördert.  

Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Binnendifferenzierung in digitalen Weiterbildungen 

Klicken Sie im Folgenden auf die Kacheln, um sich weitere Informationen zu den Aspekten anzuschauen, die berücksichtigt werden sollten, wenn es um eine Binnendifferenzierung in digitalen Kursen geht (Punkte nach Aschemann et al. 2011): 

Woher kommt die Binnendifferenzierung?

Das Konzept der Binnendifferenzierung stammt aus dem Bereich der Schuldidaktik und wurde seit den 1960er Jahren dort berücksichtigt. Tietgens (1983) legte in den 1970er Jahren mit dem Prinzip der Teilnehmerorientierung den Grundstein für innere Differenzierungen in der Erwachsenenbildung. Er betonte, dass in der Erwachsenenbildung nicht nur der Lerngegenstand und -Inhalte wichtig ist, sondern vor allem die erwachsenen und mündigen Teilnehmenden. Tietgens' Fokus auf die Beteiligung der Lernenden stellt eine pädagogische Grundhaltung dar (vgl. Klein 2016)  


Referenzen

Aschemann, B., Gugler P., & Nimmerfall, M. (2011). Vierzig Wege der Binnendifferenzierung für heterogene LernerInnen-Gruppen. Graz: Frauenservice Graz. 

Demmig, S. (2007). Das professionelle Handlungswissen von DaZ-Lehrenden in der Erwachsenenbildung am Beispiel Binnendifferenzierung. München: Iudicium.

Franz, J. (2010). Intergenerationelles Lernen ermöglichen: Orientierungen zum Lernen der Generationen in der Erwachsenenbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann 

Freiling, E., Biloa Onana, & M., Sonntag, I. (2010). Binnendifferenzierung: gezielt und wohldosiert. Alpha-Forum, 74/2010, S. 25-27. 

Hubertus, P. (2010). Teilnehmerorientierung und das Verhältnis von Lehren und Lernen. Alpha-Forum, 74/2010, S. 38-40. 

Kaufmann, S. (2007). Heterogenität und Binnendifferenzierung im DaZ-Unterricht. In S. Kaufmann (Hrsg.), Fortbildung für DaZ-Kursleitende (S. 186 – 214). Ismaning: Hueber.

Klein, R. (2016). Binnendifferenzierung. wb-web. Verfügbar unter www.die-bonn.de/wb/2016-binnendifferenzierung-01.pdf  (zuletzt abgerufen am 06.09.2023).

Salner-Gridling, I. (2009). Querfeldein: individuell lernen - differenziert lehren. Wien: Amedia. 

Scholz, I. (2007). Es ist normal, verschieden zu sein – Unterrichten in heterogenen Klassen. In I. Scholz (Hrsg.), Der Spagat zwischen Fördern und Fordern: Unterrichten in heterogenen Klassen (S. 7-23). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Tietgens, H. (1983). Teilnehmerorientierung in Vergangenheit und Gegenwart. Frankfurt a. M.: Pädag. Arbeitsstelle, Dt. Volkshochsch.-Verb.

Wischer, B. (2008). Binnendifferenzierung ist ein Wort für das schlechte Gewissen des Lehrers. Erziehung und Unterricht, 2008/9-10, S. 714-722.