Ohne spezielle Beratungsausbildung neigen Beratende dazu, sich auf das Weitergeben von Informationen zu fokussieren. Um jedoch umfassend bei Entscheidungen und Übergängen zu unterstützen, ist es wichtig, über Kenntnisse und Fähigkeiten in der Anwendung strukturierter methodischer Prozesse zu verfügen.

Beratende sollten verschiedene Methoden für die Beratung kennen. Für eine gelungene Beratung ist es jedoch wichtig, diese auch an die jeweilige Situation anpassen und verändern zu können. Die hier vorgestellten Methoden haben deshalb vor allem exemplarischen Charakter und zeigen, wie in der Bildungsberatung mit Methoden gearbeitet werden kann. Bei der Auswahl einer passenden Methode kommt es darauf an, zu reflektieren, welche Ziele und Funktionen sie erfüllen soll. 

 

Visualisieren

"Neben den Gesprächsführungstechniken gehören Visualisierungen zum grundlegenden Handwerkszeug in der Beratung. Ratsuchende erhalten einen sichtbareren Zugang zu ihrem Beratungsanliegen als durch das reine Beratungsgespräch. Visualisierungen wirken ähnlich wie verbale Spiegeltechniken" (Schlüter et al. 2017, S. 116).

 

Das Bild zeigt eine Ratsuchende, die auf einem Flipchart ihr Ziel grafisch visualisiert und ihrer Dozentin erklärt.

Visualisierung von Zielen, Bild: Eigene Darstellung, CC BY-SA 3.0 DE

 

Um Dinge visuell darzustellen, gibt es verschiedene Materialien und Techniken. Hier sind einige Beispiele:

  • Visualisierung von Zielen: Ratsuchende können ihre Ziele am besten visualisieren, indem sie sie selbst auf einem Flipchart mit Worten oder Bildern darstellen.
  • Themensammlung auf Karten: Mit Moderationskarten können Themen, Ideen und Ressourcen festgehalten werden. Danach können die Karten sortiert oder gruppiert werden.
  • Visualisierung von Zusammenhängen: Komplexe Situationen oder Teamstrukturen lassen sich gut auf Papier oder einem Whiteboard grafisch darstellen, z. B. mit Diagrammen oder Strukturbildern.
  • Visualisierung von Erzählungen: Mit Sketchnotes können Beratende die Geschichten der Ratsuchenden mit einfachen Symbolen in kleine Zeichnungen umsetzen. Dies ermöglicht es, verschiedene Teile des Gehirns zu aktivieren und macht es einfacher, sich in die Situation der Person hineinzuversetzen.

Probleme beseitigen

Bei diesem Vorgehen wird das Bild von Mauersteinen verwendet, um Probleme zu symbolisieren, die Ratsuchenden  "im Weg stehen". Diese werden bei dieser Methode auf Moderationskarten geschrieben, gesammelt und später "aus dem Weg geräumt". Sie eignet sich besonders gut bei sehr komplexen Themen.

 

Das Bild zeigt eine Kursteilnehmerin, die ihrer Dozentin ihr Problem schildert. Das Problem ist auf einem Flipchart in einem Satz zusammengefasst.

Methode "Mauer einreißen", Bild: Eigene Darstellung, CC BY-SA 3.0 DE

 

Der Ablauf (nach Schlüter et al. 2017, S. 123f.):

Vorbereitung:

Legen Sie Moderationskarten bereit, die später die "Steine" der Mauer darstellen werden. Nutzen Sie außerdem eine freie Wand oder eine Pinnwand.

Methode einführen:

Schreiben Sie das Problem des Ratsuchenden auf ein Plakat oder Flipchart. Besprechen Sie die verschiedenen Aspekte des Problems und notieren Sie sie auf den Moderationskarten. Heften Sie die Karten als "Mauer" an die Pinnwand und zeigen Sie ggf. Verbindungen zwischen den Aspekten.

Kernphase:

Entfernen Sie die Aspekte, auf die die Ratsuchenden Einfluss haben, aus der Mauer und notieren Sie Lösungsideen darauf. Suchen Sie nach Lösungen für die verbleibenden Aspekte, bis die Mauer abgebaut ist.

Abschluss und Transfer:

Erstellen Sie einen Plan zur Umsetzung der Ideen und klären Sie, wer welche Schritte bis wann übernimmt. Thematisieren Sie im Gespräch verbliebene Steine, für die keine Lösung gefunden wurde oder auf die die Ratsuchende keinen Einfluss hat.

Bei mehreren Sitzungen kann der Realisierungsplan als Gesprächsinhalt dienen, um den Fortschritt zu besprechen und weitere Lösungsansätze zu entwickeln.

 

Tetralemma

Diese Methode stammt aus der systemischen Beratung und soll die Entscheidungsmöglichkeiten erweitern, besonders dann, wenn Ratsuchende in einem scheinbaren Dilemma stecken. 

Der Ablauf (nach Schlüter et al. 2017, S. 132ff.):

Vorbereitung:

Zunächst werden vier Karten vorbereitet. Klicken Sie auf die Fragezeichen im Bild, um sich anzeigen zu lassen, was die einzelnen Positionen bedeuten:

 

Tetralemma, Bild: Eigene Darstellung,  CC BY-SA 3.0 DE

 

Die beratende Person klärt die verschiedenen Positionen  und achtet darauf, dass sich die Positionen klar voneinander trennen lassen. 

Methode einführen: 

In Situationen, in denen Ratsuchende zwischen zwei Optionen hin- und hergerissen sind, kann diese Methode vorgestellt werden. Die beiden Möglichkeiten werden benannt, und es wird definiert, was jeweils "die Eine" und "die Andere" Möglichkeit ist. Dann werden vier Karten auf den Boden gelegt.

Kernphase:

Die beratende Person fordert die Ratsuchenden auf, sich auf die Position "Das Eine" zu stellen und zu beschreiben, wie es sich anfühlt, diese Entscheidung zu treffen. Dann wird dasselbe für die Position "Das Andere" gemacht. Anschließend wird die Position "Beides" diskutiert und überlegt, ob eine Verbindung der beiden Möglichkeiten möglich ist. Die Position "Keines von Beiden" wird ebenfalls betrachtet, um andere Entscheidungsoptionen zu finden und die Situation aus einer Meta-Perspektive zu betrachten.

Die Frage lautet jeweils: „Angenommen, Sie hätten sich für diese Option schon entschieden ...?“. Hilfreich können außerdem die Fragen nach den Psychologischen Ebenen von Dilts (2005) sein:

  • Wo sind Sie und mit wem? (Umwelt)
  • Wie genau verhalten Sie sich? » Was tun Sie? (Verhalten)
  • Welche Ihrer Fähigkeiten setzen Sie dazu besonders ein? (Fähigkeiten)
  • Worauf achten Sie dabei besonders? (Werte, Glaubenssätze)
  • Wer sind Sie dann? » Wem sind Sie dann ähnlich? (Identität)
  • Was ist Ihre Aufgabe? (Zugehörigkeit, Spiritualität)

Fragen bei der Position „Beides“: 

  • Angenommen es gäbe eine Möglichkeit ‚Das Eine‘ und ‚Das Andere‘ miteinander zu verbinden. Wie sähe das aus?
  • Wie könnte dies aussehen?
  • Was müsste auf jeden Fall gegeben sein?
  • Auf was können Sie in keinem Fall verzichten?

Fragen zur Position „Keines von Beiden“: 

  • Angenommen es wäre ‚Keins von Beiden‘. Wie sähe das aus? 
  • Was ist mir hier wichtig?
  • Was gäbe es für Alternativen, bei denen die genannten Bedürfnisse und Werte berücksichtigt werden?

 Hilfreich ist es, wenn sich die bzw. der Beratende während der Übung Notizen macht.

 

Das Bild zeigt eine Kursteilnehmerin, wie sie mit ihrer Dozentin in der Abschlussphase über das Erlebte spricht.

Abschluss und Transfer, Bild: Eigene Darstellung, CC BY-SA 3.0 DE

 

Abschluss und Transfer:

Nachdem alle Positionen durchgesprochen wurden, setzen sich die Ratsuchenden und die beratende Person zusammen und besprechen das Erlebte. Die Ratsuchende erzählt, was sie gelernt hat und welche nächsten Schritte sie für angemessen hält. Dann können gemeinsam die nächsten Schritte festgelegt werden.

Referenzen

Bergedick, A.; Rohr, D.; Wegener, A. (2011). Bilden mit Bildern. Visualisieren in der Weiterbildung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG.

Dilts, Robert B. (2005). Professionelles Coaching mit NLP: Mit dem NLP-Werkzeugkasten geniale Lösungen ansteuern. Paderborn: Junfermann.

Knoll, J. (2008). Lern- und Bildungsberatung, Professionell beraten in der Weiterbildung. Bielefeld: wbv Media.

Schlüter, A.; Kress, K. [Hrsg.] (2017). Methoden und Techniken der Bildungsberatung. Opladen: Verlag Barbara Budrich.

Wimmer, A., Buchacher, W., Kamp, G., & Wimmer, J. (2012). Das Beratungsgespräch. Skills und Tools für die Fachberatung. Wien: Linde.