Wichtig hierbei ist jedoch, dass sich Lernwiderstand sehr oft auch in "Form einer unauffälligen und unartikulierten Nicht-Teilnahme" (Holzer 2023, S. 21) äußert. Nur selten tritt er offen und laut auf.
Positiver und negativer Lernbegriff
Faulstich und Grell halten fest, dass wenn "wir über Lernen nachdenken [...], stellen wir bei uns selbst fest, dass der Begriff "Lernen" merkwürdig ambivalent ist." (Faulstich und Grell 2003, S. 1).
Auf der einen Seite ist der Begriff positiv besetzt: Besonders im Erwachsenenbildungsbereich schwärmt man vom lebenslangen Lernen. Durch Lernen können wir uns in unserer Persönlichkeit entfalten. Wir lernen, indem wir uns Wissen aneignen - also zu einem Teil von uns machen. Auf der anderen Seite wird Lernen von vielen Menschen als Zumutung gesehen. Das persönlich als unsinnig empfundene Wissen wird mit Druck eingetrichtert und darüber schwebt oftmals die Angst, nicht genügend zu lernen oder zu wissen und so vor anderen zu versagen.
Holzer fasst es wie folgt zusammen: "Nicht für alle ist Weiterbildung ständig sinnvoll und erstrebenswert. Nicht-Teilnahme und diverse „renitente“ Handlungsweisen in Lehr-Lern-Situationen lassen sich – so mein Ansatz – daher auch als Widerstand gegen Weiterbildung fassen, als negierende Stellungnahme zu Weiterbildungs- und Lernaufforderungen." (Holzer 2023, S. 21)
Aber nicht nur die eigene Einstellung, auch ganz profane Kleinigkeiten (zum Beispiel Lärm außerhalb des Kursraumes, Kopfschmerzen oder schlechtes Licht) können einen Lernprozess stören, für den Moment negativ beeinflussen und dadurch zu Lernwiderständen führen.
Persönliche Sinnhaftigkeit des Lernens
Menschen lernen gerne und effektiv, wenn sie mit dem Lernstoff eigene Interessen verbinden oder aber zumindest eine Sinnhaftigkeit darin erkennen. Umgekehrt kann man sagen, wenn Menschen keine persönlichen Bezüge zum Lernstoff herstellen können und zudem noch die Sinnhaftigkeit des Lernens in Frage stellen, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Widerwille gegen den Inhalt und das Lernen entwickeln.
Lernwiderstände werden als Störfaktoren eines gelingenden Vermittlungsprozesses bezeichnet. Das ist eine klar negative Formulierung. Wenn aber ein Missverhältnis herrscht zwischen dem Sinn, der in einem Lernprozess gesehen wird, der Anstrengung, die man aufbringen muss, um das Lernziel zu erreichen und dem, was möglicherweise dabei herauskommt, ist ein Widerstand gegenüber dem Lernen mitunter verständlich und berechtigt.
Lernwiderstände können auch zu Lernchancen werden