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Sprache ist das zentrale Werkzeug jeder Beratung, insbesondere in der Grundbildungsberatung, die weit über die Vermittlung schriftsprachlicher Fähigkeiten hinausgeht und auf Persönlichkeitsentwicklung und Reflexionsfähigkeit zielt. Sprache strukturiert Wahrnehmung, Denken und Bewertung; durch sie lernen Menschen, sich selbst und ihre Lernprozesse neu zu verstehen. Da viele Ratsuchende in der Grundbildung nur eingeschränkte sprachliche Ausdrucksfähigkeit besitzen – häufig infolge niedriger Schulbildung oder migrationsbedingter Sprachbarrieren – ist sprachliche Sensibilität eine Grundvoraussetzung professioneller Beratung. Unterschiedliche kulturelle und milieuspezifische Bedeutungen von Begriffen können zu Missverständnissen führen; daher ist es entscheidend, sprachliche Äußerungen genau zu klären und mit Methoden wie Skalierungsfragen Bedeutungsnuancen sichtbar zu machen. Sprache sollte stets dem Sprachregister der Ratsuchenden angepasst und bei Bedarf vereinfacht werden, um Verständlichkeit zu gewährleisten.
Elisabeth Fuchs-Brüninghoff beschreibt in diesem Zusammenhang die „Sprachlosigkeit“ vieler Teilnehmender in der Alphabetisierungsarbeit – nicht als mangelnde Sprachbeherrschung, sondern als Folge lebenslanger Spracherfahrungen des Scheiterns, die zu Vermeidungsstrategien und nonverbaler Kommunikation führen. Daher erfordert Beratung ein besonderes Fingerspitzengefühl, um aneinander vorbeigehende Kommunikation zu vermeiden. Zur theoretischen Fundierung unterscheidet die Sprach- und Handlungstheorie zwischen Handeln und Verhalten: Handeln ist bewusst, zielgerichtet und verändert Realität, während Verhalten unbewusst und unbeabsichtigt bleibt. Sprache ist als Handlung zu verstehen – Menschen tun etwas mit Worten. Nach der Sprechakttheorie besteht jede sprachliche Handlung aus einem Akt des Sagens, einer beabsichtigten Wirkung und der tatsächlichen Reaktion des Gegenübers. In der Beratung bedeutet das: Jede Äußerung verfolgt ein Ziel, und Kommunikation schließt auch nonverbale Ausdrucksformen wie Gestik oder Mimik ein, die als Kommunikationseinheiten interpretiert werden müssen.
Das Kommunikationsmodell von Friedemann Schulz von Thun verdeutlicht, dass jede Äußerung vier gleichwertige Ebenen enthält: Sachinformation, Selbstoffenbarung, Beziehungsaspekt und Appell. In Beratungsgesprächen sind Missverständnisse häufig darauf zurückzuführen, dass Sender und Empfänger unterschiedliche Schwerpunkte auf diese Ebenen legen. So kann die Aussage „Ich kann nicht lesen und schreiben“ gleichzeitig eine Sachinformation („Ich bin Analphabet“), eine Selbstoffenbarung („Ich brauche Hilfe“), eine Beziehungsbotschaft („Ich vertraue dir“) und einen Appell („Hilf mir“) enthalten. Kommunikationsstörungen entstehen, wenn Beratende nur eine Ebene – meist die sachliche – wahrnehmen, während die ratsuchende Person auf einer emotionalen oder relationalen Ebene kommuniziert. Professionelle Beratung erfordert daher ein mehrdimensionales Zuhören, das alle vier Ebenen berücksichtigt, nonverbale Signale einbezieht und Bedeutungen im Kontext rekonstruiert. Damit wird Sprache nicht nur zum Medium der Verständigung, sondern zum zentralen Instrument der Beziehungs- und Lernarbeit in der Grundbildungsberatung.