TLernbegleitung – Was ist das überhaupt? ELO

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Lernprozesse in digitalen Lernumgebungen zu begleiten, stellt Lehrende vor neue Herausforderungen. Lernbegleitung klingt nach einer einfachen Form, Lernende zu betreuen. Aber hinter dem Begriff steckt weitaus mehr. Was genau und warum der Vergleich mit einem Orchester lohnt, erfahren Sie im Folgenden.   
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TLernbegleitung – Was ist das überhaupt?

Soraya Vázquez, selbstständige Buchhalterin, erzählt von ihrer ersten Erfahrung mit einer Online-Fortbildung: 

 Ich habe im letzten Jahr an einer Fortbildung für Existenzgründer teilgenommen. Die Fortbildung war eigentlich als Präsenzveranstaltung geplant und ausgeschrieben, musste dann jedoch aufgrund der Covid-19-Pandemie kurzfristig in den virtuellen Raum verlagert werden. Ich war sehr gespannt, da ich noch nie an einem Live-Online-Seminar teilgenommen hatte und mir nicht so richtig vorstellen konnte, wie sich ein Kurs in so einem Format gestaltet. Ich freute mich auf die neue Herausforderung. 

Meine Freude, etwas Neues zu entdecken, legte sich jedoch schnell wieder. Zunächst hat mir die Technik sehr zu schaffen gemacht. Ich kannte mich mit Videokonferenzanwendungen überhaupt nicht aus und fühlte mich an vielen Stellen verloren. Ich (und sicher auch viele andere Kursmitglieder, die genauso verloren wirkten), hätte mir eine ausführliche Einführung zum Kursbeginn, oder auch Informationen schon vorab, gewünscht. Ich wusste z. B. nicht, wie ich Fragen stellen konnte und ob mündliche Meldungen überhaupt erwünscht waren. Die Dozentin vermittelte uns sicher viele für unseren Arbeitsalltag interessante und relevante Informationen, doch hatte ich oft das Gefühl, dass sie einfach nur ihr Programm durchzog, und unsere Erfahrungen, Interessen und Perspektiven auf die Inhalte dabei überhaupt keine Rolle spielten. Dabei hat man doch gerade, wenn es darum geht, sich selbstständig zu machen, auch viele individuelle Fragen. Es wäre auch schön gewesen, mehr über die Vorhaben der anderen Kursteilnehmenden zu erfahren.  

Rückblickend denke ich, es wäre dasselbe dabei rausgekommen, wenn sie sich einfach auf Video aufgenommen hätte und uns das Video zur Verfügung gestellt hätte. Es gab zwar Aufgaben, die wir selbstständig bearbeiten sollten, aber es fehlte eine Einführung oder Beispiele. Ich arbeite zwar sehr gerne alleine für mich, dazu brauche ich jedoch konkrete Hinweise und Handlungsanweisungen, an denen ich mich orientieren kann. Ich glaube in Sachen digitale Lehre kann man vieles anders machen. 

Definition

Zunächst klingt der Begriff „Lernbegleitung“ recht leicht verständlich und lässt auf die grundsätzliche Begleitung von Lernenden schließen. Doch in der Literatur lässt sich keine einheitliche Definition von Lernbegleitung finden. Einigkeit herrscht nur darüber, dass der Ansatz Wert auf die Anleitung und Begleitung von Lehr-Lernprozessen und die Beratung von Lernenden legt. 

 Doch in welcher Form soll dies geschehen? Der von dem Psychologen John Erpenbeck getroffene Vergleich der Lernbegleitung mit einem Orchester macht ihre Bedeutung und ihre Merkmale anschaulich:

 

Das Bild zeigt eine Sängerin, ein Orchester und einen Dirigenten während einer Aufführung.

Dirigat eines Orchesters, Bild: Eigene Darstellung

„Auch ein Dirigent kann die Musik nicht selbst machen, er schafft lediglich Bedingungen dafür. Alle Musiker eines Orchesters lernen selbstverständlich täglich selbstorganisiert, indem sie mit ihrem Instrument üben. In den Proben bringen sie sich anschließend in gemeinsame Lernprozesse ihres Netzwerks ein und werden dabei vom Dirigenten gezielt begleitet. Natürlich werden sie auch theoretisches Wissen über ihre Musik aufbauen. Dies bildet aber nur die notwendige Voraussetzung.“

Erpenbeck, 2016, S. 106

Anhand dieses Vergleichs wird klar, was Lernbegleitung bedeutet:

Mit einer erzeugten Grundlage an theoretischem Wissen bei den Teilnehmenden schafft ein Lernbegleiter oder eine Lernbegleiterin Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Teilnehmenden sich selbstorganisiert weiterentwickeln können. Diese Weiterentwicklung ist gekennzeichnet durch zwei Teilprozesse, die sich immer wieder abwechseln: 

  1. Zunächst üben die Teilnehmenden persönlich jeder für sich, gemäß ihren persönlichen Voraussetzungen, in ihrem eigenen Tempo und setzen dabei für sie relevante Schwerpunkte. Dieser individuelle Lernprozess ist deshalb so wichtig, weil einzelne Teilnehmende unterschiedliches Vorwissen mit sich bringen und verschiedene Lernstrategien verwenden.
  2. Im Anschluss kommen die Teilnehmenden nach der individuellen Weiterentwicklung wieder zusammen und vereinen dann unter Anleitung der Lehrperson gemeinsam ihre Lernerfolge. Durch diese begleitete Zusammenführung wird erreicht, dass jeder seinen Teil beiträgt und die Teilnehmenden durch ihre Verschiedenartigkeit voneinander profitieren können.

Während des kompletten Prozesses steht die Lehrperson den Teilnehmenden unterstützend und beratend beziehungsweise moderierend zur Seite.  In diesem Sinne bedeutet Lernbegleitung also die Anleitung und Begleitung von Lernenden, sodass diese den Lernprozess zunächst angepasst an ihre ganz individuellen Voraussetzungen durchlaufen und im Anschluss den Gewinn ausschöpfen können. Der Gewinn ergibt sich aus der Heterogenität der Lerngruppe. 

 

Lernbegleitung in virtuellen Lehr- und Lernszenarien 

Die Grafik zeigt eine Videokonferenz, in der die Kacheln der verschiedenen Teilnehmenden zu sehen sind.

Bild: iStock.com, yuoak, nicht unter freier Lizenz

In virtuellen Bildungsangeboten spielt die Lernbegleitung durch die Lehrperson eine besondere Rolle, denn aufgrund der räumlichen Distanz und der ausschließlich elektronischen Kommunikation verläuft das Lernen hier anders als in klassischen Lernformaten. Die räumliche und zeitliche Trennung erfordert die Schaffung von Mediatoren zur Überbrückung der medienbasierten Trennung, z. B. in der Position und Funktion von Teletutoren oder -tutorinnen, die den Lernenden als Lernbegleitende jederzeit medienvermittelt oder auch persönlich zur Verfügung stehen (Arnold et. al, 2018, S. 259). 

Auch in Seminaren, in denen die Lehrperson und die Lernenden synchron im virtuellen Klassenraum zusammenkommen, ist die soziale Präsenz der Beteiligten eher gering. Hierunter versteht man „das Ausmaß, in dem ein Gesprächspartner als natürliche Person wahrgenommen wird. Nonverbale und paraverbale Anteile wie Gestik, Mimik und Betonung aber auch die Kleidung und das Auftreten von Personen spielen für die soziale Präsenz im Allgemeinen eine große Rolle“ (Bett und Gaiser, 2010, S. 14). In digitalen Kursen können die Beteiligten ihre Körpersprache nur begrenzt einsetzen, Emotionen sind weniger erkennbar und es werden nicht alle Sinne gleich stark mit einbezogen. Wie der Berater, Organisationsentwickler und Führungskräfte-Coach Waible (2019, S. 4) erklärt, muss der Organisator oder Moderator bzw. Moderatorin einer Online-Veranstaltung aufgrund der räumlichen und technischen Bedingungen stärker die Perspektive der Teilnehmenden berücksichtigen: „wie kann die Aufmerksamkeit gehalten werden und die Interaktivität erhöht werden durch die gegebenen Rahmenbedingungen, etwa reduzierte Bewegung, eingeschränkte Darstellung über den Bildschirm (meist klein), schnellere Ablenkung und höhere technische Anforderungen.“  

In digitalen Kursen hat auch die zunehmende Übertragung der Verantwortung auf die Lernenden hin zum selbstgesteuerten Lernen eine große Relevanz. Zur Umsetzung der Lernbegleitung bietet sich ein schrittweises Vorgehen an. Dabei geht es nicht darum, dass die Arbeitsteilung zwischen Lehren und Lernen über Nacht beendet und durch eine andere Praxis ersetzt wird. Vielmehr kann durch eine gezielte Vorbereitung von Lehr-Lernprozessen der Anteil der Selbststeuerung der Lernenden nach und nach erhöht werden. 

Die Bedeutung der Lernbegleitung in virtuellen Lernsettings wurde jedoch lange unterschätzt, da Online-Lernen als individuelle, autodidaktische Form des Kompetenzerwerbs galt und angenommen wurde, das Lernende durch die Aufbereitung des Lernmaterials, die Interaktion mit dem Medium, hinterlegte Rückmeldungen und Hilfestellungen im digitalen Lernsystem genügend Unterstützung fänden (Arnold et. al, 2018, S. 260). Doch gerade in Bildungsangeboten, in denen vornehmlich selbstgesteuert und unabhängig von einer Lerngruppe gelernt wird, sind Beratungs- und Betreuungsangebote essenziell.  

Warum ist Lernbegleitung in digitalen Lernumgebungen so wichtig? 

  • Viele Kursteilnehmende haben noch keine oder sehr geringe Erfahrungen mit digitalen Kursen. Es tauchen Fragen auf, wie: Wo finde ich  die Lernmaterialien, wie reiche ich Aufgaben ein, wen kann ich wie  bei inhaltlichen oder technischen Problemen ansprechen? Eine gute Lernbegleiterin bzw. ein guter Lernbegleiter hilft ihnen, sich in der digitalen Lernumgebung zurechtzufinden.
  • Die Begleitung durch die Lehrperson kann als Ausgleich für die geringe soziale Präsenz, die für digitale Lehr- und Lernszenarien typisch ist, dienen.
  • Gerade in digitalen Lehr- und Lernszenaren ist es wichtig, dass die Lehrperson durch ihre Präsenz und Ihr Vorgehen das Interesse der Lernenden weckt, ihre Aufmerksamkeit hält und die Interaktivität erhöht.
  • Digitales Lernen hat eine starke Komponente des selbstgesteuerten Lernens. Durch die schrittweise Anleitung und Begleitung durch die Lehrperson werden die Lernenden zunehmend in die Lage versetzt, eigenständig zu lernen.
  • Lernbegleitende stehen Lernenden begleitend und beratend zur Seite und geben Antworten auf Fragen, auf die in keinem digitalen Lernsystem Voraus Antworten programmiert werden können, was hinsichtlich der individuell unterschiedlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Interessen der Lernenden besonders wichtig ist. (Arnold et. al, 2018, S. 262).
  • In individuellen Rückmeldungen als Teil der Lernbegleitung erhalten die Lernenden die Möglichkeit, Lernschwierigkeiten anzusprechen  und Lösungswege zu finden. Somit werden die Teilnehmenden in ihrem eigenständigen Lernen unterstützt.
  • Die Begleitung durch eine Lehrperson, eine Tutorin oder einen Tutor, die oder der persönlich ansprechbar ist, wirkt sich positiv auf die Motivation der Lernenden aus.

Referenzen

 Arnold, Patricia, Kilian, Lars, Thillosen, Anne & Zimmer, Gerhard (2018). Handbuch E-Learning. 5. Auflage, Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag GmbH. 

 Dr. Bett, Katja & Dr. Gaiser, Birgit (2010). E-Moderation. E-teaching.org. Verfügbar über https://www.e-teaching.org/lehrszenarien/vorlesung/diskussion/e-moderation.pdf (zuletzt abgerufen am 13.09.2022) 

Boos, Margarete, Müller, Andrea & Cornelius, Caroline (2009). Online-Moderation und Tele-Tutoring. Medienkompetenz für Lehrende. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. 

Erpenbeck, J. (2016). Stoppt die Kompetenzkatastrophe! (1. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer. 

Hoffmann, Friederike (2018). E-Moderation in der Online-Lehre. Didaktikblog Hohenheim. Impulse zu Hochschule und Lehrentwicklung. Verfügbar über https://didaktikblog.uni-hohenheim.de/2017/04/moderation-in-online-lernumgebungen/ (Stand: Ende 2018) 

Hron, Aemilian, Hesse, Friedrich W. & Friedrich, Helmut F. (2002). Gemeinsam lernt es sich besser. Kooperatives Lernen und kognitive Prozesse in netzbasierten Szenarien. In Scheffer, Ute & Hesse, Friedrich W. (Hrsg.), E-Learning. Die Revolution des Lernens gewinnbringend einsetzen (S. 83-100). Stuttgart: Klett-Cotta.  

Kobarg, M. & Seidel, T. (2007). Prozessorientierte Lernbegleitung – Videoanalysen im Physikunterricht der Sekundarstufe I. Unterrichtswissenschaft, 35(2), 148-168. 

Perkhofer-Czapek, M. & Potzmann, R. (2016). Begleiten, Beraten und Coachen. Der Lehrberuf im Wandel. (1. Aufl.). Wiesbaden: Springer. 

Schöb, S. & Bliss, C. (2020). Lernbegleitung – Was ist das überhaupt? In: Lernbegleitung umsetzen – Handlungsgrundlagen für Lehrende. EULE Lernpfad. Verfügbar unter: https://www.wb-web.de/lernen/lernpfade/unnamed.html 

Seidel, T. & Reiss, K. (2014). Lerngelegenheiten im Unterricht. In T. Seidel & A. Krapp (Hrsg.), Pädagogische Psychologie, (6. Aufl., S. 253-275). Weinheim: Beltz. 

Waible, Frank (2019). Online-Moderationen planen, vorbereiten und durchführen. Ein Überblick für Studierende und Praktiker. Wiesbaden: Springer Gabler. 

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Verwendung

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