Interkulturelle Öffnung als Konzept
Das Konzept der interkulturellen Öffnung zielt auf den gleichberechtigten Zugang aller Menschen zu den Angeboten der Versorgungsstruktur wie Krankenhäusern, Behörden, Allgemeinen Sozialen Diensten oder eben Weiterbildungsangeboten. Es entstand in den späten 1980er Jahren, als im Bereich der Sozialen Arbeit eine Entwicklung weg von der sogenannten Ausländersozialarbeit hin zu Migrationsarbeit ihren Anfang nahm (Öztürk, 2014, S. 118). Interkulturelle Öffnungsprozesse können mit dem Anspruch der sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit angestoßen werden, ebenso können sie Reaktionen auf sich verändernde Rahmenbedingungen sein (ebd., S. 119).
Interkulturelle Öffnung als eine Haltung
Die interkulturelle Öffnung einer Weiterbildungseinrichtung ist ein Prozess, der Zeit erfordert und sich auf unterschiedlichen Ebenen vollzieht. Sie erfordert eine Haltung aller Beteiligten, die Wertschätzung von Vielfalt auf der Grundlage der gemeinsamen Basis des Menschseins als Ausgangspunkt anerkennt (siehe z. B. Heinemann, 2018) und damit die einer Demokratie zugrunde liegenden Normen spiegelt.
Interkulturelle Öffnung beinhaltet das Ziel, Zugangsbarrieren abzubauen und Teilhabe zu ermöglichen. Sie setzt sich sowohl mit Migrationsphänomenen als auch mit der Pluralität der Lebenswelten avisierter Zielgruppen auseinander. Interkulturelle Öffnung von Weiterbildungsorganisationen setzt einen Selbstreflexionsprozess in Gang z. B. entlang der Fragen:
- Welche Haltung habe ich als Leitungskraft persönlich zum Thema Migration? Was ist meine Perspektive auf eine von Migration geprägte Gesellschaft? Wie offen bin ich selbst und meine Einrichtung für dieses Thema?
- Wo liegen die Chancen eines interkulturellen Öffnungsprozesses meiner Weiterbildungsorganisation? Welchen Mehrwert interkultureller Öffnung sehen wir für uns? Wo liegen Grenzen?
Diese Überlegungen erfordern auch eine kritische Reflexion der Themen Diskriminierung, Rassismus und Machstrukturen in der eigenen Einrichtung (ebd.).
Interkulturelle Öffnung – strukturelle Verankerung in der eigenen Organisation
Interkulturelle Öffnung bedarf – wie jeder Organisationsentwicklungsprozess – einer strukturellen Verankerung innerhalb der Weiterbildungsorganisation, um auf Dauer wirksam zu werden. Ausdruck einer gelingenden Übersetzung von Strukturen in die Praxis ist das veränderte Handeln der Mitarbeitenden in einer Weiterbildungseinrichtung. Um Veränderung anzustoßen, kann es hilfreich sein, Organisationsstrukturen z. B. anhand der nachfolgenden Fragen zu reflektieren:
- (Wie) wollen und können wir unsere Organisation interkulturell ausrichten?
- Wo stehen wir? Wo wollen wir hin?
- In welchen Bereichen streben wir welche konkreten Veränderungen an?
- Wen können wir innerhalb der Organisation einbeziehen, um diese Veränderungen anzustoßen?
Anforderungen an das Personal
Wichtiges Element interkultureller Öffnung ist die Beschäftigung mit Ausgrenzungsmechanismen innerhalb der eigenen Organisation. Dies betrifft sowohl die Ausgrenzung bestimmter Adressatengruppen, als auch Ausgrenzungen innerhalb der Belegschaftsstruktur. Eine Möglichkeit, um Ausgrenzungsmechnismen zu reduzieren, kann darin bestehen, Mitarbeitende darin zu unterstützen, sich Ausgrenzungsmechanismen bewusst zu machen und einer kritischen Reflexion zu unterziehen. Hierfür können z. B. Schulungen und Fortbildungen für Mitarbeitende genutzt werden. Denkbar ist überdies auch eine veränderte Personalauswahl, die gesellschaftliche Vielfalt in der Belegschaftsstruktur widerspiegelt. Im Zentrum der Reflexion können dabei Fragen stehen, wie
- Welche Zugangsbarrieren für verschiedene Adressatengruppen bestehen und wie lassen sich diese abbauen?
- Erreichen unsere Angebote alle Menschen mit und ohne Migrationshintergrund?
- Welche Zugangsbarrieren bestehen für Personal mit Migrationshintergrund?
Gestaltung von Angeboten und Dienstleistungen
Eine Möglichkeit, um Angebote und Produkte interkulturell auszurichten zu können, besteht in der Einbindung der Zielgruppe, um deren Bedarfe und Lebenswelt zu erfassen. Mit dieser Kenntnis können Angebote und Konzepte angepasst bzw. neue Angebote und Dienstleistungen entwickelt werden. Gängig ist z. B. die Übersetzung von Flyern oder deren adressatenorientierte Neugestaltung, Überlegungen zur Einbindung von Dolmetscherinnen und Dolmetschern oder das Anbieten von Kursveranstaltungen an Orten, die die Zielgruppe häufig frequentiert.
Kooperationen und Vernetzung
Vernetzung und die Schaffung neuer Kooperationen können interkulturelle Öffnungsprozesse unterstützen. Im Fokus können hier z. B. die Vernetzung mit Mirgantenselbstorganisationen sowie mit zuständigen Behörden stehen.
Phasen interkultureller Öffnung
Ähnlich wie Qualitätsentwicklung ist auch interkulturelle Öffnung ein Prozess der Organisationsentwicklung, der potenziell nie abgeschlossen ist. Strukturierend für Leitungskräfte können idealtypisch vier Phasen gedacht werden. Sie werden in der nachstehenden Abbildung aufgezeigt. Interkulturelle Öffnung beginnt bei der Bestandsaufnahme. Auf ihrer Basis werden Ziele gesetzt sowie Maßnahmen entwickelt und durchgeführt. Abschließend wird die Umsetzung z. B. anhand von Zielzahlen und Kennwerten überprüft. Die Evaluation der Maßnahmen stellt dabei bereits einen möglichen Anhaltspunkt für den nächsten Maßnahmenzyklus dar.